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BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
neu denken
9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2018

Paper

Top in Physik, aber trotzdem kein MINT-Beruf? Geschlechtsspezifische Berufsaspirationen von Spitzenschülerinnen und -schülern

Von:
Salchegger, Silvia; BIFIE, Österreich
Glaeser, Anna; BIFIE, Österreich
Pareiss, Manuela; BIFIE, Österreich


Es gibt eine Reihe an Bemühungen, mehr Jugendliche – und hier insbesondere Mädchen – für naturwissenschaftliche Berufe und Ausbildungen zu gewinnen. Dennoch ist in manchen naturwissenschaftlichen Disziplinen der Mädchenanteil nach wie vor sehr gering (z.B. Computerwissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Physik), während in anderen bereits Geschlechterparität erreicht wurde (z.B. Biologie, Medizin; vgl. OECD, 2017, S. 282; Cheryan et al., 2017 ). Domänenspezifische Geschlechterunterschiede lassen sich auch in den Kompetenzen feststellen: Während sich bei PISA im Kompetenzbereich Physikalische Systeme deutliche Leistungsnachteile der Mädchen zeigen, sind in der Domäne Lebende Systeme in den meisten OECD-Ländern keine geschlechtsspezifischen Leistungsunterschiede feststellbar (OECD, 2016, S. 106).

Ähnliches gilt für die bei PISA 2015 erhobenen Berufsaspirationen: 15-jährige Jungen sehen sich im Alter von 30 Jahren deutlich häufiger als Naturwissenschaftler, Mathematiker oder Ingenieur als Mädchen (OECD, 2016, S. 392), 15-jährige Mädchen sehen sich dagegen häufiger in Gesundheitsberufen (OECD, 2016, S. 394).

Während vorhergehende Studien auf die Bedeutung der Mathematik- bzw. Sprachleistung für die weitere Ausbildungs- bzw. Berufslaufbahn eingingen (z.B. Parker et al., 2014; Salchegger et al., 2017; Wang et al., 2013), wird mit der vorliegenden Studie ein Schritt in Richtung mehr Spezifität gemacht, indem Kompetenzen in unterschiedlichen naturwissenschaftlichen Teilbereichen untersucht werden. Hierdurch soll festgestellt werden, a) inwiefern Spitzenleistungen im Bereich Physikalische Systeme mit dem Anstreben eines akademischen Berufs in den Bereichen Physik, Ingenieurwesen, Erdwissenschaften, Mathematik, Informations- und Kommunikationstechnologie (PIEMI) einhergehen, b) inwiefern Spitzenleistungen im Bereich Lebende Systeme mit dem Anstreben eines akademischen Berufs in den Bereichen Biologie, Agrarwissenschaft, Gesundheit (BAG) einhergehen und c) inwiefern es hierbei geschlechtsspezifische Unterschiede gibt. Konkret sollen die folgenden Hypothesen geprüft werden:

1. Schüler/innen der Spitzengruppe im Bereich Physikalische Systeme streben signifikant häufiger eine Karriere im Bereich PIEMI an als ihre Geschlechtsgenossen ohne Spitzenleistungen in diesem Bereich. Dies gilt sowohl für Mädchen als auch für Jungen.

2. Schüler/innen der Spitzengruppe im Bereich Lebende Systeme streben signifikant häufiger eine Karriere im Bereich BAG an als ihre Geschlechtsgenossen ohne Spitzenleistungen in diesem Bereich. Dies gilt sowohl für Mädchen als auch für Jungen.

3. Selbst wenn Mädchen Spitzenleistungen im Bereich Physikalische Systeme aufweisen, streben sie signifikant seltener eine Karriere im Bereich PIEMI an als Jungen mit durchschnittlichen Leistungen in diesem Bereich.

4. Selbst wenn Jungen Spitzenleistungen im Bereich Lebende Systeme aufweisen, streben sie signifikant seltener eine Karriere im Bereich BAG an als Mädchen mit durchschnittlichen Leistungen in diesem Bereich.

Darüber hinaus soll untersucht werden, wie groß die in den Hypothesen 3 und 4 gefundenen Unterschiede in Österreich im Vergleich zum OECD-Durchschnitt sind.

Grundlage für die vorliegenden Analysen bilden die Daten von PISA 2015. Die Hypothesen werden mittels t-Tests für unabhängige Stichproben geprüft. In der Diskussion sollen mögliche Schritte zu mehr Geschlechterdiversität bei der Berufswahl aufgezeigt werden.

Literatur

Cheryan, S., Ziegler, S. A., Montoya, A. K., & Jiang, L. (2017). Why are some STEM fields more gender balanced than others? Psychological Bulletin, 143, 1–35.

OECD (2016). PISA 2015. Ergebnisse (Band I): Exzellenz und Chancengerechtigkeit in der Bildung. München: Bertelsmann.

OECD (2017). Education at a Glance 2017: OECD Indicators. Paris: OECD Publishing.

Parker, P. D., Schoon, I., Tsai, Y-M., Nagy, G., Trautwein, U. & Eccles, J. S. (2012). Achievement, agency, gender, and socioeconomic background as predictors of postschool choices: A multicontext study. Developmental Psychology, 48, 1629–1642.

Salchegger, S., Glaeser, A., Widauer, K. & Bitesnich, H. (2017). Warum besuchen Mädchen mit Spitzenleistungen in Mathematik so selten eine höhere technische Lehranstalt? Ursachen und Folgen von Geschlechterunterschieden bei der Schulwahl. In P. Schlögl, D. Moser, M. Stock, K. Schmid, & F. Gramlinger, (Hrsg.), Berufsbildung, eine Renaissance? (S. 172–183). Bielefeld: wbv.

Wang, M-T., Eccles, J. S. & Kenny, S. (2013). Not lack of ability but more choice: Individual and gender difference in choice of careers in sciences, technology, engineering, and Mathematics. Psychological Science, 24, 770–775.



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