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Abstracts 2012

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Abstract

Das Inklusionspotential interorganisationaler Kooperationen in der beruflichen Weiterbildung - Eine organisationale Perspektive auf Lernarrangements für geringqualifizierte Erwachsene -

Von:
Hertel, Stefanie; Deutsches Institut für Erwachsenenbildung e.V., Deutschland

Session: 4
Zeit: Freitag, 06.7.2012, 14:30 - 16:30
Ort: FH Saal D
Typ: Paper
Downloads: Präsentation als PDF



Interorganisationale Kooperationen gewinnen im Kontext der Umsetzung der Strategien Lebenslangen Lernens eine immer größere Bedeutung. Bereits umgesetzt im Rahmen von Förderprogrammen auf Länder- und Bundesebene, wie beispielsweise „Lernende Regionen“ oder verankert in dem Kooperationspostulat in den Weiterbildungsgesetzen der Länder, wird Kooperationen im Bildungsbereich die Möglichkeit zugesprochen, bildungsbenachteiligte Gruppen zu erreichen (Dollhausen/Feld 2010). Durch Kooperationen sollen breitere Zugänge zu Bildungsangeboten geschaffen werden, so dass in der Verbindung verschiedenster Akteure auf Ebene der Organisationen eine Reaktion auf mehrdimensionale Bedarfslagen möglich wird. Der Vortrag greift diese Entwicklung auf, indem kooperative Arrangements als Lernsettings in der beruflichen Bildung für die Zielgruppe geringqualifizierter Erwachsener im Spiegel gesellschaftlicher Inklusions- und Exklusionsprozesse beleuchtet werden. Das hier vorgestellte Dissertationsprojekt geht von einem systemtheoretischen Ansatz Luhmanns (Martens/ Ortmann, 2006) aus, der die in der Kooperation beteiligten Einrichtungen, wie Weiterbildungsanbieter, die öffentliche Arbeitsverwaltung, Betriebe, Kammern sowie Einrichtungen aus dem Bereich der Sozialen Arbeit als Organisationen verschiedener gesellschaftlicher Teilsysteme versteht. Die Zusammenarbeit der Kooperationspartner bietet zum einen die Möglichkeit, auf die Risiken der Multi-Exklusion im Falle von Arbeitslosigkeit oder prekärer Beschäftigung zu reagieren, zum anderen gilt es jedoch im Rahmen dieser Kooperationen, die verschiedenen Funktionslogiken der einzelnen Hilfe-, Beratungs-, Qualifizierungs- und Vermittlungssysteme etc. miteinander in Beziehung zu setzen. Ausgehend von diesen Überlegungen widmet sich der Vortrag der Frage, ob es in interorganisationalen Kooperationen gelingt, die verschiedenen Funktionslogiken der beteiligten Organisationen zusammenführen, um in der systemübergreifenden Bearbeitung der Multi-Problemlagen dem Ziel der Inklusion kooperativ zu entsprechen. Der Inklusionsbegriff von Kronauer (2007) hebt neben dem Zugang zur Erwerbsarbeit und der Ausgestaltung familiärer und bekanntschaftlicher Nahbeziehungen, im Besonderen den notwendigen Zugang zu Institutionen hervor. Zusammen mit einem Exklusionsbegriff (Kronauer 2007), der weniger die Ausgrenzung aus der Gesellschaft, als die Ausgrenzung in die Gesellschaft u.a. aufgrund von institutionellen Prozessen beschreibt, wird die Thematisierung einer organisationalen Perspektive auf das Lernen Erwachsener im Spannungsfeld von Inklusion und Exklusion gerahmt. Für das Feld der beruflichen Weiterbildung bedeutet dieser Ansatz, den Zugang zu Weiterbildungseinrichtungen und die damit verbundene Chance der Einbindung in (nicht prekäre) Erwerbsarbeit über Qualifizierungsangebote in der Weiterbildung zielgruppengerecht sicherzustellen und so Inklusion zu ermöglichen. Um der Forschungsfrage nachzugehen, wird im Rahmen einer Fallanalyse ein qualitativer Zugang gewählt, der eine Methodentriangulation von Experteninterviews, Dokumentenanalyse und Teilnehmender Beobachtung vorsieht. Im Fokus der Untersuchung steht eine Weiterbildungseinrichtung, die Berufsausbildungsmöglichkeiten für Erwachsene entlang eines modularen Ausbildungskonzepts anbietet. Die Realisierung des Konzepts ist neben einer zielgruppengerechten fachlichen und pädagogischen Betreuung der Teilnehmer nur über die Kooperation mit Partnern der Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer, der öffentlichen Arbeitsverwaltung, Betrieben und Beratungsstellen möglich, so dass dieser Kooperationsprozess im Rahmen der Untersuchung Betrachtung findet. Der Vortrag begreift kooperative Arrangements als organisatorische Antwort auf komplexe Bedarfslagen der Zielgruppe. Lern- bzw. Bildungsprobleme werden als Resultat des Zusammenwirkens verschiedener Einzelprobleme verstanden, so dass die These vertreten wird, dass interorganisationale Kooperationen inklusionsförderlich sein können, wenn die beteiligten Organisationen den je spezifischen Blick auf ihr Klientel und ihr Angebot relativieren und in Relation zu den jeweils anderen, in der Kooperation beteiligten Organisationen setzen. Diese These wird anhand erster Ergebnisse exemplarisch veranschaulicht, so dass erforderliche Organisations- bzw. Personalentwicklungsbedarfe in kooperativen Arrangements abgeleitet werden können.

Literatur:
DOLLHAUSEN, K., FELD, T. (2010): Entwicklungslinien und Perspektiven für Kooperationen in der Weiterbildung, Für lebenslanges Lernen kooperieren, in: DIE – Zeitschrift für Erwachsenenbildung, Heft 1, S.24-26.
KRONAUER, M. (2007): Inklusion – Exklusion: ein Klärungsversuch, Bonn: www.die-bonn.de/doks/kronauer0701.pdf, Stand 20.04.2010.
MARTENS, W., ORTMANN, G. (2006): Organisationen in Luhmanns Systemtheorie, in: Kieser, A., Ebers, M. (Hrsg.): Organisationstheorien, 6. erw. Auflage, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart.

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