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Berufsbildung in Zeiten des Mangels

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9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2012

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Abstract

Einflussfaktoren auf erlebte Hindernisse in der Berufswahl von Jugendlichen: Welche Rolle spielen Familienklima und Leistungsmotivation?

Von:
Luttenberger, Silke; Karl-Franzens-Universität Graz, Institut für Psychologie, Österreich
Paechter, Manuela; Karl-Franzens Universität Graz, Institut für Psychologie, Österreich

Session: 1
Zeit: Donnerstag, 05.07.2012, 14:00 - 16:00
Ort: FH Saal D
Typ: Paper



Die Berufswahl stellt bei Jugendlichen eine zentrale Entwicklungsaufgabe dar. Unterschiedliche Einflussfaktoren auf die Berufswahl werden in der bisherigen Forschung diskutiert, im deutschsprachigen Raum gibt es jedoch kaum Forschung dazu. Ziel der Untersuchung ist es, Einflussfaktoren auf erlebte berufliche und generelle Hindernisse in der Orientierungsphase der Berufswahl von Jugendlichen zu untersuchen. Hierzu wurden in einer Querschnittstudie (Jänner 2011) zentrale Variablen der Social Cognitive Career Theory von Lent, Brown & Hackett (1994, 2002, 2011) an 379 Schüler/innen aus Polytechnischen Schulen in der Steiermark untersucht. Diese waren: Selbstwirksamkeit in der Lehrstellensuche, Erfolgserwartung und berufliche Hindernisse. Über bisherige Studien hinausgehend wurden die Leistungsmotivation (Vermeidungs- und Annäherungsleistungsziele) und das Familienklima (restriktiv und akzeptierend) erhoben. Um das gefundene Modell absichern zu können, wurde von derselben Stichprobe zu einem zweiten Messzeitpunkt (Mai 2011, Längsschnittstudie) die Erfolgserwartung sowie berufliche Hindernisse während der tatsächlichen Berufswahl erhoben, sowie der Einfluss des Familienklimas darauf untersucht. Die folgenden Fragestellungen wurden dabei geprüft:
(1) Welche Faktoren haben einen Einfluss auf erlebte Hindernisse in der Orientierungsphase der Berufswahl von Jugendlichen?
(2) Wie verändern sich Erfolgserwartung und berufliche Hindernisse über die Zeit?
Die Untersuchung lieferte zwei unterschiedliche methodische Herangehensweisen – einen quer- und längsschnittlichen Auswertungsaspekt, welcher jeweils mit einer latenten Strukturgleichungsanalyse geprüft wurde.
Die Ergebnisse zeigten, dass je niedriger die Selbstwirksamkeit in der Lehrstellensuche und die Erfolgserwartung, desto höher waren die beruflichen Hindernisse (Unsicherheit in der Berufswahl, Unklarheit über Stärken, Fähigkeiten, Interessen) der Jugendlichen. Je mehr berufliche Hindernisse erlebt wurden, umso höher waren die generell erlebten Hindernisse während der Lehrstellensuche. Bezüglich des Familienklimas zeigten sich folgende Ergebnisse: Je restriktiver Jugendliche das Familienklima beschrieben (hohe Erwartungen und Vorschriften der Eltern), umso niedriger war die Erfolgserwartung in der Berufswahl. Wohingegen bei einem akzeptierenden Familienklima (Wohlbefinden und Unterstützung in der Familie) eine höhere Selbstwirksamkeit in der Lehrstellensuche erlebt wurde. Die Ergebnisse zeigten auch einen Zusammenhang zwischen Leistungsmotivation und der Selbstwirksamkeit der Lehrstellensuche und den erlebten Hindernissen.
Das vorliegende Modell wurde in einem zweiten Schritt durch längsschnittliche Daten belegt. Es zeigten sich die folgenden Ergebnisse: Je höher die beruflichen Hindernisse in der Orientierungsphase der Berufswahl, umso höher waren diese auch in der tatsächlichen Berufswahl. Dasselbe galt für die Erfolgserwartung: je weniger berufliche Hindernisse in der Orientierungsphase erlebt wurden, umso höher war die Erfolgserwartung während der tatsächlichen Berufswahl. Je höher die Erfolgserwartung in der Orientierungsphase, umso niedriger waren die beruflichen Hindernisse in der Berufswahl. Auch für diese Ergebnisse konnte ein Einfluss des Familienklimas aufgezeigt werden. Entsprechend der Analyse der Querschnittdaten gab es einen negativen Zusammenhang zwischen dem restriktiven Familienklima und der Erfolgserwartung in der Orientierungsphase der Berufswahl. Je restriktiver Schüler/innen das Familienklima einschätzten, umso niedriger war die Erfolgserwartung. Je akzeptierender das Familienklima war, umso niedriger waren die beruflichen Hindernisse in der Orientierungsphase und während der tatsächlichen Berufswahl. Gleichzeitig war die Erfolgserwartung während der Berufswahl höher.
Insgesamt zeigten die Auswertungen unterschiedliche Einflussfaktoren auf erlebte Hindernisse in der der Berufswahl. Eine individuelle Förderung der Selbstwirksamkeit ist zentral: z.B. durch Bewerbungs- und Vorstellungstraining, Herstellung von Kontakten zu Lehrbetrieben. Je höher die Selbstwirksamkeit, umso höher war auch die Erfolgserwartung und umso niedriger waren die beruflichen Hindernisse. Dies führte zu weniger erlebten generellen Hindernissen in der Orientierungsphase der Berufswahl. Die längsschnittliche Analyse zeigte, dass eine höhere Erfolgserwartung in der Orientierungsphase mit niedrigeren beruflichen Hindernissen sowie einer höheren Erfolgserwartung in der tatsächlichen Berufswahl zusammenhing.
Die Ergebnisse legen nahe, über individuelle Förderungsmaßnahmen hinauszugehen das familiäre Umfeld der/des Jugendlichen stärker einzubeziehen. Das Familienklima kann als soziale Unterstützung sowie Barriere gesehen werden und hat ebenfalls Einfluss auf die Berufswahl von Jugendlichen. Je erfolgreicher sich Schüler/innen in der Berufswahl erleben, umso niedriger sind die beruflichen Hindernisse und in weiterer Folge die generell erlebten Hindernisse.


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