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BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
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9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2012

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Forum 4.1

Thematisches Forum: VaKE (Values and Knowledge Education)

Von:
Patry, Jean-Luc; Universität Salzburg, Österreich
Wohlmuth, Günter; Pädagogische Hochschule Salzburg, Österreich
Frewein, Karin; Bundeshandelsakademie 1, Salzburg, Österreich
Nussbaumer, Martina; Universität Salzburg, Österreich
Weinberger, Alfred; Pädagogische Hochschule der Diözese Linz
Weyringer, Sieglinde; Universität Salzburg, Österreich

Session: 4
Zeit: Freitag, 06.7.2012, 14:30 - 16:30
Ort: MAW - Großer Saal
Typ: Forum
Downloads: Präsentation als PDF (1), Präsentation als PDF (2), Präsentation als PDF (3), Präsentation als PDF (4), Präsentation als PDF (5)



Allgemeiner Überblick
Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule schließt die Förderung der gesamten Persönlichkeitsentwicklung des Kindes mit ein. Es geht nicht nur um die Vermittlung kognitiver Fähigkeiten (Wissen), sondern auch um soziale und emotionale Kompetenzen, die kulturelle Werte und Normen miteinschließen. Zudem sollen Schülerinnen und Schüler den Lernprozess mitgestalten, um auf diesem Weg auch soziale Kompetenz zu erlernen (vgl. z.B. Lehrpläne der Berufsschulen; Lehrpläne der BHS z.B. HAK). In der Praxis zeigt sich jedoch, dass dieser Bildungs- und Erziehungsauftrag nicht zu gleichen Teilen erfüllt wird. Lehrpersonen verwenden mehr Zeit für die Vermittlung von Wissen als für Werterziehung, obwohl sie an Werterziehung interessiert sind (vgl. Patry & Hoffmann 1998). Sie führen dies auf verschiedenste Gründe zurück (vgl. Gruber 2009; Gruber 2010). VaKE (Values and Knowledge Education) ist eine didaktische Methode, bei welcher Moral- und Werterziehung einerseits und Wissenserwerb andererseits auf konstruktivistischer Basis miteinander verknüpft werden (vgl. Patry 2000). Sie beruht auf einer Kombination der Dilemma-Diskussion in der Tradition von Blatt und Kohlberg (1975) und der Konzeption von Assimilation und Akkommodation nach Piaget: Ausgegangen wird von einem Dilemma Kohlberg’scher Art mit entsprechender Werte-Diskussion (Werterziehung). Üblicherweise stellen sich bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dann inhaltliche Fragen (dies gilt für alle Dilemmas, aber man kann Dilemmas spezifisch darauf hin konstruieren). Diese werden formuliert, und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer führen gruppenweise Recherchen (z.B. im Internet, in vorbereiteten Materialien, durch Befragung von Personen) durch (Wissenserwerb). Das gewonnene Wissen wird für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommuniziert. Darauf folgen je nach Bedarf und Möglichkeit weitere Diskussions- und Rechercherunden. Zum Abschluss erfolgen eine Zusammenfassung, in der sowohl die Wert- als auch die Wissensaspekte thematisiert werden, und Überlegungen oder Aktionen zur Generalisierung.
Dieses Verfahren wurde für verschiedene Kontexte der Schule, der Berufsbildung und der Ausbildung von Berufsschullehrerinnen und –lehrer konzipiert und teilweise erprobt, und im Forum sollen die entsprechenden Ergebnisse berichtet werden.

Thema und Inhalt der geplanten Beiträge:

Einführung in VaKE – Jean-Luc Patry: Die oben angedeuteten Grundprinzipien von VaKE werden dargestellt, und ein paar allgemeine Forschungsergebnisse werden präsentiert.

Realisierung lehrplanmäßiger Lehr- und Lernziele in Berufsschulen unter Anwendung des VaKE-Ansatzes – Günter Wohlmuth: Neben der Vermittlung von Fachwissen ist es nötig, die SchülerInnen zu moralisch autonom urteilenden und handelnden Individuen zu erziehen. Für sie ist es in ihrer Berufspraxis oft gar nicht bewusst, dass sie alltäglich Situationen ausgesetzt sind, für die ein differenzierter Umgang mit ethischen Normen nötig ist. VaKE-Unterricht mit den sogenannten Dilemmadiskussionen wird im BS-Bereich mittels „Vernetzungsdidaktik“ vorwiegend in den Fächern Politische Bildung und Deutsch und Kommunikation eingesetzt und evaluiert.

VaKE – die Verbindung affektiver und kognitiver Lehrziele oder Kognitive Lehrziele müssen erfüllt werden – affektive auch – Karin Frewein: Immer weniger Schülerinnen und Schüler bekommen einfache moralische Werte von zu Hause mitgegeben. Daher muss ein Teil des Unterrichts zum Vermitteln dieser Werte verwendet werden, gleichzeitig darf die Wissensvermittlung nicht zu kurz kommen.
Die von Jean-Luc Patry entwickelte Lehrmethode VaKE welche affektive und kognitive Lehrziele im Unterricht berücksichtigt, wurde hinsichtlich der Schulleistung und Motivation mit einer Stichprobe von 18 Schülerinnen und Schülern, welche in zwei Gruppen geteilt wurden, über einen Zeitraum von sechs Wochen überprüft. Es konnte zwar kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Lehrmethode und den Gruppen festgestellt werden, jedoch erreichte die VaKE Gruppe bei allen vier Tests die besseren Ergebnisse. Zwischen Motivation und Gruppe konnte allerdings ein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden.

Lehrer-Rollen im VaKE-Unterricht: Hindernisse und Chancen – Martina Nussbaumer: Lehrerin oder Lehrer sein heute ist mit sehr vielen verschiedenen Aufgaben und auch verschiedenen Lehrer-Rollen verbunden. Dies lässt sich auch im VaKE-Unterricht feststellen. Die Lehrpersonen in einem VaKE-Unterricht müssen viele verschiedene Rollen einnehmen können und diese auch den Schülerinnen und Schülern klar mitteilen. Aufgrund der theoretischen Überlegungen zu Lehrer-Rollen im VaKE-Unterricht und den Ergebnissen einer Untersuchung wird versucht die verschiedenen Lehrer-Rollen in einem VaKE-Unterricht zu definieren und festzustellen, ob diese auch in der Praxis vollzogen werden.

VaKE in der Lehrerbildung – Alfred Weinberger: Der Fokus bei VaKE in der Lehrerinnenbildung liegt einerseits in der Entwicklung verschiedener Dilemmata, die auf das spezifische Fachwissen von Lehrer/-innen Bezug nehmen (z.B. gerechte Leistungsbeurteilung) und andererseits auf der Untersuchung der persönlichen Betroffenheit mit dem Dilemma und deren Auswirkungen auf die Qualität des moralischen Urteils und dem Wissenserwerb.

VaKE in der Lehrerbildung für die Pflegeberufe – Sieglinde Weyringer: In Pflegeberufen finden sich viele Entscheidungssituationen, in denen sich das gegebene Problem nicht allein aufgrund von Sachkenntnissen lösen lässt, sondern mit der Bewertung der einzelnen Handlungsmöglichkeiten nach moralisch-ethischen Gesichtspunkten verbunden ist. Der Beitrag geht der Frage nach, in wie weit die Anwendung von VaKE die Entwicklung dieser Problemlösefähigkeit unterstützt und in welchem Ausmaß es möglich ist, entsprechende Kompetenzen zur Anwendung von VaKE bereits im Rahmen der Ausbildung als Lehrende für Pflegeberufe zu erwerben.

Literatur
Blatt, M. M. & Kohlberg, L. (1975). The effects of classroom moral discussion upon children’s level of moral judgment. Journal of Moral Education, 4, 129-161.
Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (2011). Aktuelle Verordnung des Bundesministeriums für Unterricht, Kultur und Kunst, mit der die Lehrpläne für die Berufsschulen geändert werden. Allgemeines Bildungsziel 2010: http://www.abc.berufsbildendeschulen.at/upload/1906_Allgemeine%20Bestimmungen%202010.pdf [Datum des Zugriffs: 02.12.11].
Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (2011). Lehrplan der Handelsakademie BGBl. Nr. 291, 2004. Verfügbar unter: http://www.abc.berufsbildendeschulen.at/upload/598_HAK%20LP%202004%20-%20Anlage%201.pdf [Datum des Zugriffs: 02.12.11].
Gruber, M. (2010). Hindernisse schulischer Werteerziehung aus Lehrersicht. In K. Zierer, (Hrsg), Kompendium Schulische Werterziehung (S. 231-237). Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren.
Gruber, M. (2009). Barriers to Value Education in Schools – What Teachers Think. Newsletter from EARLI SIG 13 Moral and Democratic Education [On-line serial], 5, 26-30. Available:http://www.earli.org/resources/sigs/Sig%2013/Newsletters%20SIG%2013/Newsletter_5_SIG13.pdf [Datum des Zugriffs: 02.12.11].
Patry, J.-L. (2000). Werterziehung und Wissensbildung – lässt sich das vereinigen? In C. Metzger, H. Seitz & F. Eberle (Hrsg.), Impulse für die Wirtschaftspädagogik. Festschrift zum 65. Geburtstag von Prof. Dr. Rolf Dubs (S. 423-440). Zürich: SKV.
Patry, J.-L. & Hofmann, F. (1998). Erziehungsziel Autonomie – Anspruch und Wirklichkeit. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 45, 53-66.

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