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BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
neu denken
9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2012

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Abstract

Grundversorgung Erwachsenenbildung – zur Frage der territorialen Bildungsgerechtigkeit

Von:
Fernandez, Karina; Universität Graz-Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft, Österreich
Egger, Rudolf; Universität Graz-Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft, Österreich

Session: 1
Zeit: Donnerstag, 05.07.2012, 14:00 - 16:00
Ort: FH Saal C
Typ: Paper
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Ein strukturell stark benachteiligter Bereich ist der ländliche Raum. Zu den größten Herausforderungen des ländlichen Raumes gehören die Abwanderung junger Leute in urbanen Ballungszentren und die damit verbundene Alterung der ländlichen Gesellschaft. Damit einhergehend kommt es zur Abwanderung gebildeter Personen. Der Erwachsenenbildung kommt eine große Bedeutung für die Entwicklung ländlicher Regionen zu. So bemessen sich etwa soziale Spielräume einer Region über das Ausmaß, in dem Gruppierungen und AkteurInnen ihre Interessen, Talente und Kreativität einbringen und entfalten könnten. Enge soziale Spielräume tragen neben harten Faktoren wie dem Angebot an Arbeitsplätzen zu einer Abwanderung und einem Brain Drain bei (vgl. ÖROK 2009). Der Analyse der regionalen Differenzierung von Bildungsbeteiligung wurde sowohl international als auch in Österreich vor allem im Bereich der Erforschung des allgemein bildenden Schulwesens große Bedeutung zugemessen. Im Gegensatz zu Forschungen zu räumlichen Disparitäten im Schulwesen wurde diese Fragestellung im Bereich der Weiterbildung lediglich in den 1970er und 1980er Jahren kurz und punktuell beforscht (vgl. Reich-Claassen 2010). So spielt der Raumbezug in der jüngeren Forschung vornehmlich im Sinne einer sozialökologischen Einbettung des TeilnehmerInnenverhaltens im Spannungsfeld zwischen regionaler Sozialstruktur und Bildungsbeteiligung eine Rolle. Im Rahmen der Stadtsoziologie, die sich über den Zusammenhang von räumlicher und sozialer Ungleichheit hinausgehend in einem umfassenderen Sinn mit der räumlichen Organisation sozialer Differenzierung befasst, wurden zahlreiche Befunde zum Zusammenhang zwischen sozialen Milieus, Verstädterung, Segregation und Bildung gefunden. (vgl. Friedrichs 1990). Für ländliche Räume gibt es jedoch kaum differenzierte Befunde, was die Wechselwirkung zwischen Bevölkerungsgruppierungen, Segregationsprozessen, Diversifikation und Bildungsverhalten anbelangt. Als genereller Befund lässt sich jedoch festhalten, dass ländliche Regionen weiterhin beispielsweise im Bereich der beruflichen Weiterbildung benachteiligt sind (Weishaupt/Böhm 2010).

Im Vortrag werden die Ergebnisse eines explorativen Forschungsprojekts präsentiert, in welchem die verschiedenen Dimensionen von Weiterbildungsprozessen in ihrer räumlichen Differenzierung in der Steiermark einer umfassenden Analyse unterzogen wurden. Ziel des Forschungsprojekts war eine empirische Grundlage für die Entwicklung von Kriterien zu schaffen, die gegeben sein müssen, um von einer regionalen ‚Grundversorgung Erwachsenenbildung’ sprechen zu können. Die berichteten Ergebnisse basieren auf einer Sekundärdatenanalyse des Mikrozensus 2003 zum Lebenslangen Lernen und des „Adult Education Survey“ 2007. Anhand linearer und logistischer Regressionsanalysen kann gezeigt werden, dass Region auch bei Berücksichtigung anderer Indikatoren wie Geschlecht, Alter und Bildung signifikanten Einfluss auf das Weiterbildungsverhalten besitzt. Die sechs NUTS III-Regionen der Steiermark unterscheiden sich in ihrem Weiterbildungsverhalten signifikant voneinander. Hier lassen sich besonders privilegierte Regionen ausmachen, die eine gute Versorgung mit Anbietern, hohe Teilnahmequoten und einen hohen Wunsch nach Teilnahme aufweisen. Daneben gibt es deprivierte Regionen, deren Anbieterstruktur lückenhaft ist und in denen sowohl die tatsächliche Teilnahme an und auch der Wunsch nach Weiterbildungsveranstaltungen gering ist. Es zeigt sich, dass der Weiterbildung insgesamt als gesellschaftlich und individuell förderndes Instrument von Personen, die in deprivierten Regionen leben, nur geringe Relevanz zugeschrieben wird. Diese Ergebnisse werden im Kontext der Entwicklung der Sozial- und Wirtschaftsstruktur der untersuchten Regionen diskutiert. Die Ergebnisse dienen als Grundlage für ein Folgeprojekt, in der stadtsoziologisch und bildungsgeographisch gestützt eine kleinräumliche (Gemeindeebene) Analyse von Weiterbildungseinstellungen und -motivationen mittels qualitativer Methoden am Beispiel eines exemplarischen Bezirks erfolgt.

•Friedrichs, Jürgen (1990): Aktionsräume von Stadtbewohnern verschiedener Lebensphasen. In: Bertels, Lothar/ Herlyn, Ulfert (Hrsg.): Lebenslauf und Raumerfahrung. Opladen: Leske und Budrich, S. 161-178.

•Österreichische Raumordnungskonferenz (ÖROK) (2009) Neue Handlungsmöglichkeiten für periphere ländliche Räume: Stärkung sozialer Vielfalt; Ausbau der interkommunalen Zusammenarbeit, Gestaltung der Landschaftsvielfalt. Schriftenreihe Nr. 181, Wien.

•Reich-Claassen, Jutta (2010): Warum Erwachsene (nicht) an Weiterbildungsveranstaltungen partizipieren: Einstellungen und prägende Bildungserfahrungen als Regulative des Weiterbildungsverhaltens. München: Lit. Verlag Dr. Wolf Hopf.

•Weishaupt, Horst/Böhm-Kasper, Oliver (2009): Weiterbildung in der regionalen Differenzierung. In: Tippelt, Rudolf/von Hippel, Aiga (Hrsg): Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Wiesbaden: VS Verlag, S. 789-799.

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