Skip to main content

BMBWF BMAW AMSInnsbruck Logo Land Tirol    ÖFEB

BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
neu denken
9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2012

pdfBook of Abstracts 2012

 

Forum 4.2

Qualität der betrieblichen Berufsausbildung: Was ist Qualität und wie wird diese von Auszubildenden und Berufsbildner eingeschätzt?

Von:
Heinemann, Lars; Forschungsgruppe IBB, Universität Bremen, Deutschland
Nägele, Christof; Eidgenössisches Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB), Bern, Schweiz
Stalder, Barbara; Université de Neuchâtel, Neuchâtel, Schweiz
Fischer, Martin; Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Berufspädagogik
Reimann, Daniela; Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Berufspädagogik

Session: 4
Zeit: Freitag, 06.7.2012, 14:30 - 16:30
Ort: MAW - Mittlerer Saal
Typ: Forum
Downloads: Präsentation als PDF (1), Präsentation als PDF (2), Präsentation als PDF (3)



Die Anzahl der Schulabgänger geht in Deutschland und der Schweiz zurück. Die Betriebe werden in Zukunft größere Anstrengungen unternehmen müssen, um die für sie geeigneten Jugendlichen für eine Lehre zu finden. In der Schweiz haben Jugendliche mit schulischen oder sozialen Defiziten Mühe, einen Ausbildungsplatz zu finden und Betriebe mit anspruchsvollen Berufen haben Mühe, geeignete Lernende zu finden (BBT 8.7.111).

Dadurch wird das Thema der Qualität der beruflichen Bildung in den Betrieben wichtiger, da talentierte Jugendliche ihre Lehre nur in Betrieben mit guten Ausbildungsbedingungen antreten werden und anderseits Betriebe vermehrt Jugendliche rekrutieren müssen, die einen besonderen Unterstützungs- oder Förderaufwand brauchen.

Das Forum fokussiert auf die Möglichkeiten zur beruflichen Entfaltung der Auszubildenden im betrieblichen Teil der Ausbildung.

Die Qualität der beruflichen Grundbildung kann durch unterschiedliche Maßnahmen weiter entwickelt werden. In der Schweiz wurden in den letzten Jahren massive Anstrengungen unternommen, das Berufsbildungssystem zu reformieren (Nägele & Stalder, 2011, Stalder & Nägele, 2011) und Prozesse zu etablieren, die eine kontinuierliche Entwicklung der Berufe sicher stellen (BBT, 2007; Zbinden-Bühler, 2010). Aktuell diskutieren die Partner der Berufsbildung (Bund, Kantone, Organisationen der Arbeitswelt) unter dem Label „Qualität leben“2 Maßnahmen zur Sicherung der Qualität. In Deutschland fördert das BiBB verschiedene Modellversuche zur Qualitätsentwicklung der betrieblichen Berufsausbildung.

Die Anforderungen an die Betriebe sind hoch, da die Erledigung konkreter Aufgaben im Betrieb von Beginn weg eine ganzheitliche Sichtweise verlangt (Maurer, Rauner & Piening, 2009). Hier sind vor allem auch kleinere und mittlere Betriebe aufgefordert, innovative Konzepte zu entwickeln, da in diesen Betrieben die Ausbildung in der Regel immer direkt im Arbeitsprozess erfolgt und selten in betriebsinterne Lehrwerkstätten ausgegliedert ist, in denen die Arbeiten entsprechend pädagogisch-didaktischer Kriterien strukturiert werden könnten.

Die Ausbildungsverantwortung in den Betrieben liegt bei Berufsbildnern und Berufsbildnerinnen (betriebliche Ausbilder und Ausbilderinnen) und wird sehr oft an weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Betrieb delegiert. Das garantiert einerseits, dass Auszubildende in reale Arbeitsprozesse integriert sind, fordert aber auch einen Dialog, der die anfallenden Aufgaben zu Lernaufgaben macht. Die Berufsbildner wie Auszubildende sind gefordert zu erkennen, wie diese anfallenden Aufgaben zu Lernaufgaben werden können, und dies im oft hektischen Prozess der alltäglichen Arbeit. Berufsbildner sind auch gefordert, ihre automatisierten Arbeitsroutinen gegenüber den Lernenden transparent zu machen.

Beitrag 1: Christof Nägele, Barbara E. Stalder,

Einschätzung der Qualität der betrieblichen Ausbildungsqualität in der Lehre


In diesem Beitrag werden Instrumente zur Messung der Ausbildungsqualität im Betrieb dargestellt und begründet (u.a. Stalder, Meyer, Hupka-Brunner, 2011; Alsaker, Nägele & Veri, 2009). In diesen Studien lag der Fokus auf einer Beschreibung der objektiven Lern- und Arbeitssituation im Betrieb und inwiefern der oder die Lernende in vollständige Tätigkeiten involviert ist, die Planungs-, Ausführungs- und Evaluationsprozesse umfassen. Die Ergebnisse zeigen die unterschiedliche Gewichtung individueller, arbeitsplatzbezogener und struktureller Merkmale auf den Lernerfolg und die Zufriedenheit mit der betrieblichen Ausbildung. Die Lernenden beurteilen die Qualität des Lernorts Betrieb sehr unterschiedlich. Diese Unterschiede werden dargestellt und bezüglich von Maßnahmen zur Förderung der Qualität der beruflichen Ausbildung diskutiert.

Beitrag 2: Lars Heinemann: Einschätzungen der Beteiligten zur Qualität betrieblicher Berufsbildung

In zwei Projekten wurden Einschätzungen von Ausbildern bzw. Auszubildenden zur Qualität betrieblicher Berufsbildung erhoben. Das QEK-Tool bewertet anhand Ausbildereinschätzungen die Qualität der Ausbildung ( Rauner et al. 2010, Maurer et al. 2009).

Im Rahmen des Projekts KOMET wurden von Auszubildenden verschiedenster Berufe Daten zu beruflicher Identität, beruflichem Engagement und ihrer Einschätzung der Ausbildungssituationen erhoben (Heinemann/Rauner 2009; Rauner et al. 2009, Rauner et al. 2010). Zusammen ergeben beide Datenreihen eine Einschätzung zu lernförderlichen und -hinderlichen Ausbildungsbedingungen (für die Metall- und Elektroberufe auch noch im Zusammenhang mit der Entwicklung beruflicher Kompetenz).

Beitrag 3:Daniela Reimann: 'Qualität in der betrieblichen Berufsausbildung - Status Quo, Forschungs- und Entwicklungsbedarf'

Die Initiierung des Förderschwerpunkts „Qualitätsentwicklung und -sicherung in der betrieblichen Berufsausbildung“ beim BIBB ging von der Diagnose aus, dass vor „dem Hintergrund des raschen strukturellen und technologischen Wandels […] der Qualitätssicherung und -entwicklung der beruflichen Aus- und Weiterbildung eine zentrale Bedeutung zu[kommt]“ (BIBB 2010). Seit 2010 werden zehn Modellversuche gefördert, die in den Bereichen „Entwicklung von betrieblichen Qualitätssicherungs- und -entwicklungsinstrumenten“ und „Entwicklung von Kommunikations- und Kooperationsstrukturen sowie von Qualifizierungskonzepten für das Ausbildungspersonal“ tätig sind. Der Autor ist mit der wissenschaftlichen Begleitung dieses Modellversuchsprogramms beauftragt.

Der Beitrag diskutiert die Problematik der Anwendung des Qualitätsbegriffs in der beruflichen Bildung, stellt die Anforderungen an Qualitätssicherung und -entwicklung im Spannungsfeld von berufspädagogischen und betriebswirtschaftlichen Anforderungen dar und fasst die vorliegenden Forschungsergebnisse zum Ist-Stand der Qualitätssicherung und zum Qualitätsverständnis der Akteure im dualen System zusammen. Vor diesem Hintergrund werden zentrale Forschungsfragen benannt, und es wird diskutiert, ob und wie die Vorhaben einen Beitrag zur Beantwortung dieser Forschungsfragen leisten.

Literatur:

BBT. (2007). Handbuch Verordnungen. Schritt für Schritt zu einer Verordnung über die berufliche Grundbildung. Bern: Bundesamt für Berufsbildung und Technologie BBT.

Heinemann, L.; Maurer, A.; Rauner. F. (2009):Engagement und Ausbildungsorganisation. Einstellungen Bremerhavener Auszubildender zu ihrem Beruf und ihrer Ausbildung. Eine Studie im Auftrag der Industrie- und Handelskammer Bremerhaven. A+B Forschungsberichte Nr. 1/2009 Bremen, Heidelberg, Karlsruhe.

Maurer, A., Rauner, F., & Piening, D. (2009). Lernen im Arbeitsprozess – ein nicht ausgeschöpftes Potenzial dualer Berufsausbildung. A+B Forschungsberichte Nr. 4/2009 Bremen, Heidelberg, Karlsruhe.

Nägele, C., & Stalder, B. E. (2011). Steuerung und Reform der Berufsbildung in der Schweiz. In M. Icking (Ed.), Die berufliche Bildung der Zukunft. Herausforderungen und Reformansätze. (pp. 145-58). Berlin: Heinrich-Böll-Stiftung.

Rauner, F.; Haasler, B.; Heinemann, L. Grollmann, Ph. (2009): Messen beruflicher Kompetenzen. Grundlagen und Konzeption des KOMET-Projekts. Bd. I. Berlin.

Rauner, F. u.a. (2011): Messen beruflicher Kompetenzen. Komet 2009: Drei Jahre Testerfahrung. Bd. III. Berlin.

Rauner F.; Heinemann, L.; Piening, D.; Bischoff, R. (2010): Costs, Benefits and Quality of Appreticeships – A Regional case Study. In: Rauner, F. / Smith, E. (Ed.): Rediscovering Apprenticeship. Dordrecht: Springer

Stalder, B. E., Meyer, T., & Hupka-Brunner, S. (2011). TREE project documentation. In M. M. Bergmann, S. Hupka-Brunner, A. Keller, T. Meyer, & B. E. Stalder (Eds.), Youth transitions in Switzerland (pp. 66-87). Zürich: Seismo Verlag.

Stalder, B. E., & Nägele, C. (2011). Vocational education and training in Switzerland: Organisation, development and challenges for the future. In M. M. Bergman, S. Hupka-Brunner, A. Keller, T. Meyer, & B. E. Stalder (Eds.), Youth transitions in Switzerland: (pp. 18-39). Zürich: Seismo Verlag.

Zbinden-Bühler, A. (2010). Berufe reformieren und weiterentwickeln. Ein handlungskompetenzorientierter Ansatz. Bern: hep verlag.

Weitere Abstracts