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BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
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9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2014

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Paper

„Ich wurde halt gefragt, weil ich ein guter Auszubildender war....“ – Die Anerkennung des Ausbildungspersonals

Von:
Jersak, Heiko; Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd, Deutschland

Paper Session: 2
Zeit: Donnerstag, 03.07.2014, 17:15 - 19:15
Ort: MAW Seminarraum
Typ: Paper



Hintergrund

Das betriebliche Bildungspersonal steht in periodisch wiederkehrenden Zyklen in der berufs- und wirtschaftspädagogischen Diskussion um Qualität beruflicher Bildung (vgl. Kutt 1978, Sommer/Nickolaus 1995). Neuere Forschungsergebnisse, sowohl national als auch international (u.a. Brater et al. 2008; Kirpal, Tutschner 2008), deuten an, dass der gesellschaftliche Wandel eine Rollenveränderung des Berufsbildungspersonals zur Folge hat und eine pädagogische Professionalisierung des Personals notwendig sei. Gleichzeitig zeigen aber auch schon Forschungsergebnisse aus den 1980er Jahren (vgl. Schlösser/Drewes/Osthues 1989), dass Statusunsicherheit und -ambivalenzen sowie Anerkennungsdefizite ein grundlegendes Problem für die Entwicklung eines berufspädagogischen Selbstbildes darstellen.

Zielsetzung/Fragestellung

Ziel ist es, subjektive Erfahrungen von Anerkennung und Missachtung betrieblicher Bildungsarbeit zu untersuchen und deren Bedeutung für das Selbstverständnis des beruflichen Bildungspersonals zu eruieren. Bezogen auf Honneths Anerkennungstheorie (u.a. Honneth 1992), die gegenseitiger Anerkennungs- und Missachtungserfahrungen einen „Grundmechanismus sozialer Existenz“ zuschreibt (Honneth 2009, S. 154), lassen sich folgende Untersuchungsfragen ableiten:

a) Wie stellen sich Anerkennungsverhältnisse in der betrieblichen Ausbildung aus Sicht des Ausbildungspersonals dar?

b) Welche Bedeutung hat Anerkennung für ein berufspädagogisches Selbstbild?

Über die Rekonstruktion der sozialen Wirklichkeit der Akteure lassen sich Zusammenhänge und Bedingungen für die Entwicklung eines stabilen berufspädagogischen Selbstbildes analysieren und vor dem Hintergrund berufsweltlicher Verläufe (Arbeitserfahrungen, Übergänge, Krisen) sowohl in ihrer subjektiven Bedeutung als auch in ihrer strukturellen Eingebettetheit beschreiben.

Untersuchungsdesign

Das Projekt ist rekonstruktiv angelegt und verfolgt einen explorierenden und theoriegenerierenden Ansatz. Es wurden N= 15 berufsbiographisch und narrativ fundierten problemzentrierten Interviews mit hauptamtlichen Ausbilder/-innen durchgeführt. Der Schwerpunkt lag dabei auf gewerblich-technische Ausbilder/-innen.

Die Auswertung erfolgte mittels dokumentarischer Methode (vgl. Bohnsack 2008), die sich in besonderer Weise auch für die Rekonstruktion des Zusammenhangs von arbeitsweltlichen Erfahrungen und Orientierungen eignet.

Erste Ergebnisse

Soziale Anerkennung der pädagogischen Arbeit in gewerblich-technischen Unternehmen ist stark von organisationaler Einbettung sowie Sichtbarkeit der Tätigkeit abhängig. Die Wahrnehmung von Anerkennung ist subjektabhängig und basiert auf individuellen biographischen Erfahrungen.

Berufs- und wirtschaftspädagogische Relevanz

Die Relevanz der Arbeit liegt im Besonderen auf einer umfassenden Analyse der sozialen Praxis pädagogischen Handelns in unternehmerischen Kontexten. Die Forschungsbefunde liefern Grundlagen zu individuellen, organisationalen und gesellschaftlichen Bedingungen für die Professionalisierung der betrieblichen Bildungsarbeit.

Literatur

Bohnsack, R. (2008): Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in qualitative Methoden. 7. Auflage. Opladen/Farmington Hills.

Brater, M.; Wagner, J. (2008): Qualifikationsbedarf des betrieblichen Bildungspersonals. Ergebnisse einer qualitativen Studie. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis 37 H.6, S. 5-9.

Honneth, A. (1992): Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte. Frankfurt a. M.

Honneth, A. (2009): Die Anerkennung ist ein Grundmechanismus sozialer Existenz. A. Honneth im Gespräch mit K. Stojanov. In: Bassure, M.; Reemtsma, J. P.; Willg, R. (Hrsg.): Erneuerung der Kritik. Axel Honneth im Gespräch. Frankfurt am Main/ New York, S. 149-166.

Kirpal, S.; Tutschner R. (2008): Betriebliches Bildungspersonal: Schlüsselakteure des lebenslangen Lernens. ITB Forschungsberichte 33.

Kutt, K. (1978): Beruflicher Werdegang von Ausbildern und Ausbildungsleitern – Ergebnisse einer empirischen Untersuchung. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, H. 5, S. 15-20.

Schlösser, M.; Drewes, C.; Osthues, E.-W.(1989): Vom Lehrgesellen zum Betriebspädagogen. Eine empirische Untersuchung zur Professionalisierung betrieblicher Ausbildertätigkeit. Frankfurt/Main, New York.

Sommer, K.-H.; Nickolaus, R. (1995): Selbstverständnis und Tätigkeitsfeld von Berufsausbildern. In: Pätzold, G.; Walden, G. (Hrsg.): Lernorte im dualen System der Berufsbildung. Bielefeld, S. 167-180.

Voswinkel, S. (2000): Die Anerkennung der Arbeit im Wandel zwischen Würdigung und Bewunderung. In: Holtgrewe, U. (Hrsg.): Anerkennung und Arbeit. Konstanz, S. 39–61.



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