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Abstracts 2014

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Paper

Förderung intrinsischer Motivation durch kooperatives und selbstgesteuertes Lernen? Wie Lehrpersonen Volitional Functioning fördern.

Von:
Helm, Christoph; Johannes Kepler Universität Linz, Österreich

Paper Session: 2
Zeit: Donnerstag, 03.07.2014, 17:15 - 19:15
Ort: FH Seminarraum Promotech
Typ: Paper



Dieser Beitrag stellt sich die Frage nach dem Einfluss der Lernmotivation auf den Kompetenzerwerb im Fach Rechnungswesen des 1. Jahrgangs der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen Österreichs. Ziel der Untersuchung ist, zu zeigen, ob und inwiefern sich die Theorien und Befunde der Selbstbestimmungstheorie (SDT, Deci & Ryan 1985, 1993) und der Forschung zum autonomieunterstützenden Lehrerverhalten (Reeve, Ryan, Deci &. Jang 2008) auch im selbstgesteuerter Unterricht in der Domäne Rechnungswesen replizieren lassen. Vor dem Hintergrund der SDT-Subtheorien zu den Basic Needs und zur Oganismic Integration, wird davon ausgegangen, dass Lehrerverhalten, welches die psychologischen Grundbedürfnisse der Schüler/innen nach Autonomie-, Kompetenzerleben und sozialer Eingebundenheit befriedigt, dazu führt, dass sich Schüler/innen stärker als autonom und selbstbestimmt, d.h. sich selbst als Motivzentrum ihrer Handlung erleben. Ein solches Lehrerverhalten wird nach den Forschungsbefunden von Reeve und Kolleg/inn/en als autonomieunterstützend (neuerdings auch als volitionsunterstützend, VFS) beschrieben, wenn sie es schaffen eine Unterrichtseinheit, die aus Schülerperspektive nicht lernenswert ist, in eine zu verwandeln, die lernenswert ist (Reeve 2006, S. 231). Dies gelingt am ehesten dann, wenn struktur- und wahloptionengebendes Lehrerhandeln oder -äußerungen in einen autonomieunterstützenden Kontext eingebunden sind (Ryan 1982; Vansteenkiste et al. 2012; Jang, Reeve & Deci 2010) und gemeinsam mit Kompetenzerleben auftritt (Deci & Ryan 1993, S. 231). Vor allem die Autonomieunterstützung zeichnet sich durch einen nicht-kontrollierenden, wertschätzenden, empathischen, ermutigenden, die persönlichen Schülerinteressen und -ziele verfolgenden Umgang zwischen Lehrer/innen und Schüler/innen aus. Der eingereichte Beitrag wird von der Hypothese getragen, dass dieses motivationsförderliche Lehrerverhalten im selbstgesteuerten Unterricht stärker wahrgenommen wird als im traditionellen Unterricht.

Konkret bedeutet diese für den Tagungsbeitrag:

Ausgehend von der wieder entfachten Diskussion über die Bedeutung von strukturgebendem Lehrerverhalten im Unterricht zur Förderung intrinsischer Regulation untersucht die Studie, ob Autonomieunterstützung und Struktur im Unterricht komplementäre Faktoren des Volitional Functioning Support (VFS) bilden. Weiters wird die Hypothese, dass VFS vor allem indirekt über die Mediatoren selbstbestimmte Regulationsformen auf den Lernerfolg und das schulische Wohlbefinden der Schüler/innen wirkt, überprüft. In einer Stichprobe von rund 600 Schüler/inne/n aus österreichischen berufsbildenden mittleren und höheren Schulen zeigt sich den Ergebnissen eines Mehrebenen-Strukturgleichungsmodells (Mplus) zufolge einerseits, dass die Basic Needs der Selbstbestimmungstheorie sowie strukturgebende Maßnahmen im Unterricht Ausdruck des VFS sind und andererseits, dass dieser wie erwartet indirekt über die identifizierte und intrinsische Regulationsformen auf den Lernerfolg (gemessen mit dem WBB, Helm & Wimmer 2012) und das schulische Wohlbefinden der Schüler/innen wirkt. Das Ergebnis der SEM-Multigroup Analyse bestätigt die Annahme einer deutlich höheren Wahrnehmung des VFS durch kooperativ-offen unterrichtete gegenüber traditionell unterrichtete Schüler/inne/n. Allerdings schlägt sich dieser Vorteil nicht in einer/m ebenfalls höheren intrinsischen Motivation bzw. höheren Lernerfolg oder Wohlbefinden gegenüber der Kontrollgruppe nieder. Grund dafür könnte in der Beeinflussung des Schülerurteils über Unterricht durch die u.a. lernförderlichere und intensivere Lehrer-Schüler-Beziehung sein, die für COOL empirisch nachgewiesen werden kann. Die intensivere Wahrnehmung des pädagogischen Engagements könnte auch auf die höhere Wahrnehmung des VFS ausstrahlen, offensichtlich aber nicht auf die tatsächliche Lernmotivation und -leistung. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund der in Österreich stark verbreiteten Bottom-Up Innovation COoperatives Offenes Lernen (COOL) diskutiert.

Deci, E. L. & Ryan, R. M. (1985). Intrinsic motivation and self-determination in human behavior. New York: Plenum Publishing.

Deci, E. L. & Ryan, R. M. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik, 39 (2), 223-238.

Helm, C., & Wimmer, B. (2012). Wie lässt sich der Lernerfolg von Schülerinnen/Schülern im Fach Rechnungswesen messen? wissenplus, 11/12(5), 24-29.

Reeve, J., Ryan, R., Deci, E. L., &. Jang, H. (2008). Understanding and Promoting Autonomous Self-Regulation. In D. H. Schunk, & B. J. Zimmerman (Hrsg.), Motivation and Self-Regulated Learning (S. 223-244), London: Lawrence Erlbaum Associates.

Vansteenkiste, M. et al. (2012). Identifying configurations of perceived teacher autonomy support and structure: Associations with self-regulated learning, motivation and problem behavior. Learning and Instruction, 22(6), 431-439.



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