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BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
neu denken
9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2014

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Poster

Formatentwicklung im Spannungsfeld von Kompetenzen und Bildung

Von:
Kellner, Wolfgang; Ring Österreichischer Bildungswerke, Österreich
Brandstetter, Genoveva; Ring Österreichischer Bildungswerke, Österreich

Paper Session: Postersession
Zeit: Unbekannt
Ort: MAW Großer Saal
Typ: Poster
Downloads:Präsentation als PDF



ANFÄNGE - Der Ring Österreichischer Bildungswerke, ein Bundesverband im Bereich der allgemeinbildenden Erwachsenenbildung, ist seit 15 Jahren mit der Entwicklung von Bildungs- und Beratungsformaten befasst, die auf formativen bzw. entwicklungsorientierten Formen der Kompetenzerfassung basieren. Anknüpfungspunkte für die Entwicklung kompetenzorientierter Formate im RING waren zunächst Prozesse der Kompetenzentwicklung in der gemeindebezogenen Erwachsenenbildung und in freiwilligen/ehrenamtlichen Engagements im Gemeinwesen. Hauptergebnis war
• das „KOMPETENZPORTFOLIO FÜR FREIWILLIGE“, ein Instrument zum Erfassen und Dokumentieren des Kompetenzerwerbs im Engagement – im Hinblick auf die Reflexion persönlicher Entwicklungsprozesse, Neuorientierungen im Engagement, Bewerbungen am Arbeitsmarkt usw.
Methodisch ist die Kompetenzerfassung als begleite¬te Selbstbewertung angelegt: speziell qualifizierte BeraterInnen unterstützen Freiwillige im Rahmen von individuellen Begleitprozessen oder Workshops. Hauptintention des Formats (und Ausdruck ihrer Bildungsorientierung) ist, die drei Dimensionen persönliche Entwicklung, gesellschaftliche und berufliche Beteiligung gleichermaßen zu berücksichtigen.

FORMATE – Das Grunddesign des Freiwilligenportfolios wurde für weitere Formate adaptiert und entscheidend weiterentwickelt – insbes. durch Fokussierungen, die den üblichen Aufwand für Kompetenzerfassungen reduzieren. Bestimmende Elemente sind u.a.:
- Basis ist ein zweiteiliger Workshop im Umfang von 2 x 3 bis 4 Stunden
- Orientierung und Aktivierung stehen im Vordergrund (ergebnisoffen und zielegenerierend)
- Kompetenzerfassung knüpft an ausgewählte Aktivitäten an (nicht an die gesamte Aktivitätenbiographie)
- Ergebnis der Kompetenzerfassung ist die Beschreibung von einigen zukunftsrelevanten Kompetenzen (kein umfassendes, ausformuliertes Kompetenzprofil)
- Ergebnis des Workshops ist eine Strategie für die nächsten konkreten Schritte (von Aktivitäten zu Kompetenzen zu neuen Aktivitäten)
- Peer-Learning ist ein zentrales Element im Workshop-Prozess
- Qualifizierung der BeraterInnen/BegleiterInnen hat einen sehr hohen Stellenwert
Diese bestimmenden Elemente fanden Eingang in folgende Formate:
• die KOMPETENZ+BERATUNG: ein bundesweit standardisiertes Beratungsformat, das seit 2012 im Rahmen des Netzwerkprojekts „Bildungsberatung Österreich“ (ESF, BMBF) entwickelt und implementiert wird. Das Format kombiniert den Workshop-Prozess mit einer nachfolgenden Einzelberatung.
• das WIK:I-KOMPETENZPORTFOLIO FÜR JUGENDLICHE (WIK:I = Was ich kann durch informelles Lernen), das im Auftrag des Wirtschaftsministerium entwickelt und erfolgreich erprobt wurde (Abschluss der Pilotphase: Februar 2014). Die Jugendlichen erstellen im Rahmen des Workshops auch eine Kompetenzbeschreibung für Bewerbungen.
• der Workshop LEBENSERFAHRUNG SUCHT ENGAGEMENT: ÄLTERE MEN¬SCHEN FINDEN DAS PASSENDE EHRENAMT: Im Mittelpunkt steht ein Matching von persönlich wichtigen Kompetenzen mit konkreten Engagement-Möglichkeiten (laufendes Follow-up-Projekt im Auftrag des Sozialministeriums).

KOMPETENZ, BILDUNG, VALIDIERUNG: Unabhängig von den Kontroversen darüber, ob Kompetenz Bildung ersetzt (Lenzen) oder ob Kompetenz Bildung beerbt (Tenorth), geben die Erfahrungen mit den vier Formaten Ausblicke auf ein kompetenzbasiertes Verständnis von Bildung wie es Ortfried Schäffter entwirft: „Allgemeinbildung (lässt sich, W.K.) unter den Voraussetzungen lebenslangen Lernens in der Transformationsgesellschaft nicht mehr substanziell, sondern (nur noch, W.K.) relational als Fähigkeit zum kompetenzbasierten Navigieren in einer komplexen Bildungslandschaft (…) konzeptualisieren“ (Schäffter 2012, S. 8). Die o.g. Workshops erweisen sich als ideale Orte einer gemeinsamen Reflexion über das bisherige Navigieren zwischen informellen und formalisierten Lernkontexten – und die Workshops selbst ermöglichen ein Navigieren zwischen neuen Handlungsoptionen. Aktuelle bildungspolitische Programmatiken zur künftigen Anerkennung informellen Lernens zielen vor allem auf die äußerst wichtigen Möglichkeiten einer Zertifizierung informell erworbener Kompetenzen, vernachlässigen aber gleichzeitig Fragen nach einer erweiterten Institutionalisierung von „Orientierungsräumen“ wie sie die hier behandelten Formate anbieten. Möglicherweise legt schon die Bezeichnung „informelles Lernen“ eine formalistisch-reduktionistische Sichtweise nahe, denn dieser Begriff weist bereits „auf eine hegemoniale Sicht hin, der zufolge die formalisierten Lehr/Lernarrangements zur Normalform erklärt und so alltagsintegrierte, tätigkeitsbegleitende Lernkontexte als defizitäre Schwundstufen erscheinen lassen“ (Schäffter 2012, S. 7).

ANALOGIE: Die Workshops der vier Formate bieten einen Übergangsraum im Sinne des Psychoanalytikers Donald W. Winnicott, wo bisherige eigene Bestimmungen zum Konnex Kenntnisse-Fertigkeiten-Haltungen „flüssig“ genug werden, um sich neu zu formieren.



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