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Abstracts 2014

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Paper

Einflussfaktoren für Ausbildungswechsel/-abbrüche in der Sekundarstufe II

Von:
Schmid, Kurt; ibw, Österreich

Paper Session: 1
Zeit: Donnerstag, 03.07.2014, 14:15 - 16:15
Ort: FH Seminarraum 3
Typ: Paper



Der hohe Anteil an Wechslern zwischen Schulformen in der Sekundarstufe II, insbesondere im sowie am Ende des „ersten Jahres“ (d.h. der 9. Schulstufe), ist ein Charakteristikum des österreichischen Erstausbildungssystems. Mittlerweile gibt es (aufgrund des Bildungsregisters) zwar deskriptive Informationen zu Ausmaß und Wechselmodi (primär von der BHS in BMS, von der BHS bzw. BMS in die Lehre) – die Gründe/Ursachen für diese Wechsel sind jedoch empirisch nicht wirklich hinreichend erforscht.

Diese Forschungs“lücke“ hat mehrere Ursachen: So steht bei Studien zur Schul-/Bildungs-/Berufswahl am Übergang zwischen Sekundarstufe I und II primär die 9. Schulstufe im Mittelpunkt der Betrachtung (bspw. Bacher 2008, Schlögl und Lachmayr 2004, Lachmayr und Leitgöb 2011). Allfällige Wechsel/Abbrüche danach werden daher nicht thematisiert bzw. nicht explizit analysiert. Auch in Studien zur sozialen Ungleichheit im Sinne der Ergebnischancen, d.h. welche formalen Abschlüsse erzielt werden (bspw. Spielauer et al. 2003) bleiben die Wechsel/Abbrüche außen vor, da sie lediglich implizit eine Rolle spielen. Wiederum werden sie nicht explizit modelliert und analysiert. In Studien zu frühen SchulabbrecherInnen (ESL, NEET; bspw. Steiner 2010) werden Wechsel/Abbrüche oftmals lediglich am Rande gestreift. Zum einen, weil der Fokus auf jenen Jugendlichen liegt, die nach Absolvierung ihrer Pflichtschulzeit keine weiterführende (Aus-)Bildung begonnen haben. Zum anderen, weil nur ein Teil der Wechsler im Fokus des Interesses steht (jene Wechsler/Abbrecher einer Ausbildungsform, die schlussendlich keinen formalen Bildungsabschluss der Sekundarstufe II erreicht haben). „Erfolgreiche Wechsler“ (jene mit Abschluss einer Sekundarstufe II) bleiben somit unberücksichtigt. Des weiteren gibt es etliche sehr interessante auf Basis qualitativer Forschungsdesigns erzielte Befunde, bspw. zum Habitus früher SchulabbrecherInnen (Nairz-Wirth 2010), zu Schulabsentismus (bspw. Fortmüller und Meier 2008) oder auch aus einer Migrationsperspektive (bspw. Perchinig und Schmid 2012). Wiederum stehen dabei primär frühe SchulabbrecherInnen im Fokus.

Es liegen also vielfältige Befunde zu Bildungswahl, Erfolgschancen, Risikogruppen etc. und auch deskriptive Informationen zum Wechselverhalten vor. Letzteres ist jedoch unter dem Aspekt eines schlussendlichen „Erfolgs/Misserfolgs“ (d.h. dem Erreichen eines Abschlusses der Sekundarstufe II) empirisch vergleichsweise wenig und zudem nicht multivariat erforscht.

Der hier vorgeschlagene Beitrag setzt genau an dieser Stelle an: Es wurde eine eigene Primärerhebung durchgeführt – basierend auf einer schriftlichen Befragung für Oberösterreich (n = 1.800). Somit stehen vielfältige Informationen zur Bildungslaufbahn in der Sekundarstufe II und zu allfälligen Wechsel- sowie Abbruchsgründen zur Verfügung. Der repräsentative Datensatz bezieht sich auf einen Schuljahrgang (Geburtsjahrgänge 1991/92) und enthält zudem Informationen zur Situation am Ende der 8. Schulstufe, zu Bildungswahlmotiven und -einflüssen, zum sozialem Background sowie zum Arbeitsmarkteintritt nach Beendigung der Ausbildungskarriere. Darauf basierend wurde eine multivariate Analyse (lineares Strukturmodell) durchgeführt, die zusätzlich zu den eben angeführten Einflussfaktoren auch weitere – in der empirischen Forschung zumeist nicht bzw. nur am Rande erhobene – Dimensionen wie Resilienz, Regionalität des Bildungsangebots (im Sinne regionaler Opportunitätsstrukturen) und schulische (Unterrichts-)Qualität in die Analyse inkludiert.

Berücksichtigt werden zudem die hohe Attraktivität maturaführender Schulen, die spezifische Struktur des Übergangs (9. Schulstufe, Polytechnische Schulen), die Vielfalt des Ausbildungsangebotes, Aspekte der Passung sowie der Einfluss und ggf. die Nachhaltigkeit (schulischer sowie privat organisierter) Bildungs-/Berufsinformation.

Die Ergebnisse* bestätigen einerseits die durch viele Studien empirisch belegten Einflussfaktoren wie sozio-ökonomischer familärer Hintergrund (für Schulerfolg und Bildungsaspiration; Stichworte: primäre und sekundäre Herkunftseffekte), Vorbildung sowie gendertypische Rollenvorstellungen etc. Die multivariate Analyse verdeutlicht, wie wichtig die Passung (aus Perspektive inhaltlichen Interesses sowie der Schulleistungsanforderung) und daher Bildungs-/Berufsinformation ist. Die Studie liefert außerdem *neue und ergänzende Befunde: So zeigen sich deutliche Hinweise auf die Relevanz regionaler Angebotsstrukturen, d.h. (erfolgreiche) Schulwahl ist auch stark von den regionalen Opportunitätsstrukturen beeinflusst. Für erfolgreiche Ausbildungswechsel bzw. (genereller gefasst) zum Überwinden von Schwierigkeiten während der Schullaufbahn zeigt sich zudem die Bedeutung (unter-)stützender Einflüsse/Personen. Resilienz ist dabei hauptsächlich durch das private Umfeld (Familie, teilweise Freunde) getragen. Schule und externe „professionelle Beratung“ spielen dagegen eine untergeordnete Rolle.



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