Abstracts 2018
Paper
Jugendarbeitslosigkeit in Europa: Problemlagen und Bewertung bestehender Initiativen und Handlungsoptionen
Von:Rautner, David; Arbeiterkammer EUROPA, Belgien
Völkerer, Petra; Arbeiterkammer EUROPA, Belgien
Hofbauer, Silvia; Arbeiterkammer Wien, Österreich
Die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise haben in Europa gerade junge Menschen besonders hart getroffen. Im Jahr 2013 erreichte die Jugendarbeitslosigkeit ihren traurigen Höhepunkt: Mit 24 % war fast ein Viertel aller jungen Menschen in der EU ohne Job (Eurostat 2018).
Jugendkrawalle in Frankreich und Schweden führten einer breiteren Öffentlichkeit vor Augen, welch sozialer Sprengstoff in der Perspektivenlosigkeit junger Menschen steckt. Die „Generation Aussichtslos“ war in aller Munde. In diesem Zusammenhang wurde immer öfter auf die hohe Anzahl an Jugendlichen hingewiesen, die weder einen Arbeitsplatz haben noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren: die so genannten NEETs (Not in Education, Employment, or Training). Vor Krisenbeginn ging die Anzahl der NEETs noch zurück, seitdem ist sie aber gemeinsam mit der Jugendarbeitslosigkeit stark angestiegen (vgl. Eurofound 2012, S. 41).
Obwohl die Kompetenzen der EU in der Sozial- und Beschäftigungspolitik sehr beschränkt sind, wurde auch der Ruf nach Antworten auf europäischer Ebene immer lauter. Im Jahr 2013 gab die EU mit der sogenannten „Jugendgarantie“ ihre bisher umfangreichste und ambitionierteste Antwort: Allen jungen Menschen unter 25 Jahren soll innerhalb von vier Monaten ein hochwertiger Ausbildungs- oder Arbeitsplatz angeboten werden. Dabei handelte es sich um eine Empfehlung des Rates der EU. Die konkrete Ausgestaltung der Jugendgarantie-Programme liegt deshalb in der Verantwortung der Mitgliedstaaten und deren Umsetzung ist für sie nicht verpflichtend (es handelt sich um „Soft Law“). Die Empfehlung konnte aber als starkes politisches Signal verstanden werden. Zusätzlich wurde mit der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen 6 Mrd. Euro zur Unterstützung jener Regionen bereitgestellt, in denen die Jugendarbeitslosigkeit im Jahr 2012 bei über 25 % lag (Ratsempfehlung 2013/C 120/01).
Vier Jahre nach der Ratsempfehlung, soll dieser Beitrag eine erste Bewertung der Jugendgarantie vornehmen. Dazu werden verschiedene Studien und die Berichte es Europäischen Rechnungshofes untersucht und bewertet. Dabei soll insbesondere auch auf die Ausgestaltung der Jugendgarantieprogramme und das Verhältnis von allgemein- und berufsbildenden Maßnahmen eingegangen werden. Unter Berücksichtigung von Best-Practice-Beispielen wie Ung Komp aus Schweden wird die Frage gestellt, welche Ansätze am besten geeignet sind, um Jugendliche und junge Erwachsene bestmöglich auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vorzubereiten. Alle Länder mit Anspruch auf Finanzmittel aus der Beschäftigungsinitiative haben Pläne für die Jugendgarantie umgesetzt, auch wenn die konkrete Ausgestaltung in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausgefallen ist (vgl. ETUI 2013; ILO 2015, S. 10). Eine erste Bewertung zeigt, dass 1. die unzureichende Finanzierung, 2. die fehlende soziale Treffsicherheit und 3. Die Qualität der Angebote zu kritisieren sind. Außerdem sollte die Jugendgarantie oder ein vergleichbares Programm auf junge Erwachsene ausgedehnt werden. Denn während viele Jugendliche Zeiten der Arbeitslosigkeit durch Ausbildungsmaßnahmen überbrücken, ist dies bei jungen Erwachsenen seltener der Fall (vgl. Europäischer Rechnungshof Sonderbericht 5/2017). Die NEET-Rate steigt von 6,1 % bei den 15- bis 19-Jährgien auf 16,7 % bei den 20- bis 24-Jährigen und erreicht ihren Höhepunkt mit 18,8 % erst in der Altersgruppe der 25- bis 29-Jährigen. Genau diese Gruppe wird von der EU-Jugendgarantie aber nicht mehr abgedeckt (Eurostat 2017).
Der Beitrag soll auch einen notwendigen Mix an Maßnahmen zur Bekämpfung der nach wie vor dramatisch hohen Jugendarbeitslosigkeit in Europa erörtern. Denn die Jugendgarantie hat zwar wichtige Impulse geliefert, sie blieb aber weit hinter ihrem ambitionierten Ziel zurück, alle junge Menschen in der EU zu erreichen.
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