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BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
neu denken
9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2018

Thematisches Forum

Kompetenzorientierung in der beruflichen Bildung im Spannungsfeld von Individuum und beruflichen Anforderungen

Von:
Kamsker, Susanne; Karl-Franzens-Universität Graz, Österreich
Köck, Verena; Karl-Franzens-Universität Graz, Österreich
Kremer, Hugo; Universität Paderborn, Deutschland
Schlicht, Juliana; Universität Leipzig, Deutschland
Slepcevic-Zach, Peter; Karl-Franzens-Universität Graz, Österreich


Überblick und Einführung in das Forum

In der Diskussion um die Kompetenzorientierung in der Berufsbildung findet sich ein oft nicht explizit angesprochenes Spannungsfeld zwischen der Bildung des Individuums und den jeweiligen beruflichen Anforderungen wieder. Für die berufliche Bildung stellt sich damit die Frage, wie diesem Spannungsfeld begegnet werden kann. Forschendes Lernen kann dabei eine Lösungsmöglichkeit darstellen. Es ist aktuell in allen Bereichen des Bildungssystems bzw. den unterschiedlichen Fachbereichen ein bedeutsames Thema geworden und die Bedeutung und Notwendigkeit wird kaum in Zweifel gezogen. Für die Hochschulen ist forschendes Lernen ein willkommenes Konzept, da es die Forderung von Humboldt (1809-10/2010) nach der Einheit von Forschung und Lehre aufgreift und das wissenschaftliche Arbeiten, insbesondere das Forschen und reale Forschungsprobleme in den Fokus der Hochschullehre (vgl. Euler 2005; Huber 2009) rückt. Ebenso wird angenommen, dass es damit gelingt, die Lernenden bei der Entwicklung ihrer Reflexivität zu unterstützen (vgl. Weyland/Koschel/Kaufhold 2016; Fichten 2012).

Dieses Forum (Moderation durch Dr. Juliana Schlicht) geht der Frage nach, ob forschendes Lernen für die Berufsbildung ein tragfähiges Lehr-Lern-Arrangement darstellt und es damit gelingt, die Kluft zwischen Bildung und Berufsbildung zu überbrücken. Dabei wird ebenfalls deutlich, dass der Einsatz von forschendem Lernen eine große Spannbreite umfassen kann, von einer aktivierenden Lehr-Lern-Methode, über die Gestaltung praxisbezogener Elemente (vgl. Weyland 2012; Weyland/Wittmann 2015) bis hin zum durchgängigen didaktischen Prinzip ganzer Studien (vgl. auch Gerholz/Sloane 2011; Kremer/Zoyke 2007; Reiber/Tremp 2014; Stock/Klauser 2017).

Überblick über die im Symposium verankerten Einzelbeiträge

Prof. Dr. H.-Hugo Kremer (Universität Paderborn): Digitale Transformation als Herausforderung für die Fachschule – Forschendes Lernen als Instrument für Selbstlern- und Projektphasen

Unter 4.0 Schlagworten werden zurzeit die mit der digitalen Transformation verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen gefasst. Dabei werden aktuell erste Diskurse geführt, was dies für die berufliche Bildung bedeutet. Die Positionen sind hier keinesfalls einheitlich und klar. Die Perspektive der Akteure in den Bildungsinstitutionen wird nur sehr begrenzt aufgenommen und es ist kaum klar, in welcher Form vage formulierte gesellschaftliche Veränderungen in der Bildungsarbeit vor Ort integriert werden können. Der Beitrag setzt an dieser Stelle an, nimmt erste Befunde aus Diskursforen auf und nimmt Überlegungen vor, in welcher Form forschendes Lernen als Instrument in den Selbstlern- und Projektphasen herangezogen werden kann, um den Herausforderungen gerecht werden zu können.

Prof. Dr. Fritz Klauser & Dr. Juliana Schlicht (Universität Leipzig): Forschendes Lernen im Bachelorstudium

Die wirtschaftspädagogischen Institute der Universität Leipzig, der TU Dresden und der Karl-Franzens-Universität Graz setzen neuere hochschuldidaktische Ansätze zum „Forschenden Lernen“ (vgl. Reinmann 2016; Schlicht 2013) in einem multimedialen, komplexen Lehr-Lern-Arrangement (KLLA) um. In Leipzig trägt das KLLA insbesondere dazu bei, bereits im Bachelorstudium mehr Raum für den akademischen Diskurs über Forschung, Forschungsabläufe und Methoden zu schaffen. Es geht darum, sowohl die Problemlösefähigkeiten und die Studiermotivation zu fördern sowie die Studierenden auf die Untersuchung von berufspraktischen Handlungssituationen vorzubereiten. Entwicklung und Erprobung des KLLA sind konstruktiv-evaluativ angelegt (Achtenhagen et al. 1992) und nutzen die Implementationsstrategie des Design-Based-Research (u. a. Euler 2014). Eine wesentliche Besonderheit besteht darin, dass das KLLA mit Studierenden des Masterstudienganges entwickelt wird und damit zugleich Gegenstand forschenden Lernenden im Studium ist. Im Vortrag wird demonstriert, wie das über mehrere Iterationen entwickelte KLLA in den aktuellen Studienstrukturen verankert und zur forschungsmethodischen Ausbildung von Bachelorstudierenden mit welchen Effekten genutzt werden kann.

Susanne Kamsker, MSc & Ass.-Prof. Dr. Peter Slepcevic-Zach (Universität Graz): Forschendes Lernen im Masterstudium Wirtschaftspädagogik am Standort Graz

Das Masterstudium Wirtschaftspädagogik ist in Graz mehrfachqualifizierend angelegt und einphasig organisiert. Forschendes Lernen wird im Rahmen des Studiums an mehreren Stellen eingesetzt und wird als eine attraktive Möglichkeit gesehen, Studierende mit der Forschung vertraut zu machen und gleichzeitig ihre Kompetenzentwicklung zu fördern und dabei auch die Anforderungen der Berufswelt mitberücksichtigen zu können. Forschendes Lernen wird daher als Variante eines problembasierten Lernens (vgl. Savery 2015) verstanden, mit dem Ziel, Fragestellungen bzw. Probleme, die mit einem unmittelbaren Anwendungsbezug verknüpft sind, zu bearbeiten (vgl. Euler 2005; Stock/Klauser 2017).

In diesem Vortrag sollen drei dieser Einsatzgebiete exemplarisch skizziert werden. Erstens die Umsetzung im Rahmen der Lehrveranstaltung zur empirischen Bildungsforschung (2tes Semester), welche als Präsenz- bzw. als Blended-Learning-Veranstaltung angeboten wird. Zweitens in dem im Studium integrierten Schulpraktikum (4tes Semester), welchem eine große Bedeutung in der wissenschaftlichen Berufsvorbildung der AbsolventInnen der Wirtschaftspädagogik zukommt, da in Österreich für diese kein Referendariat vorgesehen ist. Drittens in der Lehrveranstaltung Bildungsmanagement (5tes Semester), welche das Ziel verfolgt, forschungsgeleitete Fragestellungen im ökonomischen und bildungsbezogenen Kontext zu behandeln. Studierende sind dabei angehalten, Methoden der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften praxisnah in ihren innovativen Projekten anzuwenden.

Verena Köck (Universität Graz): Grazer Methodenkompetenzzentrum

Empirische und verstärkt auch interdisziplinäre Forschung haben in den letzten Jahren in allen wissenschaftlichen Fachgebieten an Bedeutung gewonnen. An vielen Universitäten in Österreich, Deutschland und international wurden in den letzten Jahren Zentren für Methodenkompetenz gegründet, die eine Antwort auf den steigenden Orientierungs- und Beratungsbedarf von Forschenden, Lehrenden und Studierenden im Methodenbereich darstellen. Das Angebot an Methoden zur empirischen Untersuchung von sozial-, kultur- und bildungswissenschaftlich relevanten Phänomenen wird immer dichter und der kompetenten Orientierung in dieser Vielfalt kommt eine immer entscheidendere Bedeutung in der Forschungslandschaft zu.

2013 wurde an der Karl-Franzens-Universität Graz das interdisziplinäre, fakultätsübergreifende Grazer Methodenkompetenzzentrum (GMZ) gegründet. Zielgruppe des Zentrums sind Lehrende, Forschende und Studierende aller Fachrichtungen. Das GMZ bietet Vernetzung, Informationsaustausch, Beratung, Begleitung sowie Kurse und Workshops im Bereich empirischer Forschungsmethoden.

In diesem Beitrag wird erörtert, wie empirisches Forschen Studierenden nähergebracht werden kann und welche Unterstützungsvarianten seitens eines Methodenkompetenzzentrums hier denkbar sind. Zudem soll diskutiert werden, wie Lehrende beim Einsatz von forschendem Lernen begleitet werden können.

Zusammenführung und Abschluss

Im Rahmen einer abschließenden – von Ass.-Prof. Dr. Peter Slepcevic-Zach (Universität Graz, Institut für Wirtschaftspädagogik) moderierten – Diskussion soll nicht nur eine Gegenüberstellung der erlangten Einsichten aus Theorie und Forschungspraxis erfolgen, sondern auch eine Annäherung an die für die Konferenz titelgebende (Un)Gleichung „Bildung = Berufsbildung?!“ vollzogen werden.



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