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BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
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9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2014

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Paper

Lernerfolg und Überforderung in der dualen Ausbildung

Von:
Velten, Stefanie; Bundesinstitut für Berufsbildung, Deutschland
Schnitzler, Annalisa; Bundesinstitut für Berufsbildung, Deutschland

Paper Session: 1
Zeit: Donnerstag, 03.07.2014, 14:15 - 16:15
Ort: FH Seminarraum 2
Typ: Paper
Downloads:Präsentation als PDF



Der Lernerfolg in der dualen Ausbildung in Deutschland wird üblicherweise an den Ergebnissen der Zwischen- und Abschlussprüfungen der Industrie- und Handelskammer festgestellt und dokumentiert. Gleichzeitig weist diese Form der Leistungsfeststellung spezifische Begrenzungen auf (Winther & Klotz 2013), weshalb in der Berufsbildungsforschung seit einigen Jahren Bestrebungen existieren den Lernerfolg anhand psychometrischer Testverfahren messbar zu machen.

Aus der Literatur ist bekannt, dass Test- und Prüfungsleistungen von kognitiven Voraussetzungen abhängig sind. Dies ist für Intelligenz, aber auch für Lese- und Mathematikkenntnisse nachgewiesen. Darüber hinaus ist auch die Motivation der Jugendlichen für deren Testleistungen bedeutsam. Diese wiederum entwickelt sich beispielsweise durch vorherige Lernerfahrungen und deren Interpretation, d.h. Attribution. Die Attributionstheorie von Weiner (1972) beschäftigt sich mit den verschiedenen Attributionsmustern nach einem Erfolgs- oder Misserfolgserlebnis. Demzufolge attribuieren Personen diese Ereignisse entweder auf sich selbst oder auf externe Ursachen. Zusätzlich bewerten sie, ob die vermutete Ursache für sie kontrollierbar oder unkontrollierbar ist. Eigene Bemühungen ergeben nur dann Sinn, wenn Erfolg bzw. Misserfolg intern attribuiert wird. Bei häufig als external und unkontrollierbar erlebten negativen Erfahrungen kann ein Gefühl von Überforderung und Hilflosigkeit resultieren. In der Literatur ist das Konzept der erlernten Hilflosigkeit (Seligman, 1979) verankert, welches zu passivem Verhalten und Depressivität führen kann. Wiederholte negative Lernerfahrungen können zu einem Überforderungs- und Hilflosigkeitsgefühl führen sowie zu einer verringerten Anstrengungsbereitschaft in Leistungskontexten und somit letztlich zu schlechteren Leistungen.

Im Rahmen des Vortrags soll beleuchtet werden, wie sich die von den Auszubildenden erlebte Überforderung im berufsschulischen Unterricht auf die Leistungen in den IHK-Abschlussprüfungen und in zwei Tests zur Erfassung der Fachkompetenz auswirkt. Dabei werden Daten von n=50 Auszubildenden der Mechatronik aus einem Forschungsprojekt des Bundesinstituts für Berufsbildung und der Universität Stuttgart herangezogen, in welchem der eigentliche Untersuchungsschwerpunkt auf der Analyse von Zusammenhängen von Leistungsmerkmalen und äußeren Lernbedingungen von Auszubildenden und nicht auf Merkmalen ihrer inneren Erlebenswelt lag. Als Testverfahren kommen ein schriftlicher Fachwissenstest und ein computerbasierter Simulationstest zur Erfassung der fachlichen Problemlösefähigkeit zum Einsatz. Ersterer wurde konstruiert als traditionelles Testformat mit schriftlichen Aufgaben, letzterer hingegen stellt eine innovative Form der Kompetenzerfassung dar, bei der die Auszubildenden sich in einer computersimulierten mechatronischen Anlage zurecht finden müssen und Problemfälle lösen. Die erlebte Überforderung im berufsschulischen Unterricht wird mit einer drei Items umfassenden Skala abgebildet.

Es wird davon ausgegangen, dass die von den Auszubildenden erlebte Überforderung als eine Konsequenz externaler Attribuierungsmuster interpretiert werden kann und einen negativen Einfluss sowohl auf die IHK-Prüfungsleistungen als auch auf die Testleistungen hat. Mit hierarchischen Regressionen wird der Effekt der Überforderung auf die Leistungsdaten geprüft, wobei der Schulabschluss, die Intelligenz, das Leseverständnis und die Mathematikkenntnisse kontrolliert werden.

Die Ergebnisse zeigen, dass die erlebte Überforderung sowohl für die Testleistungen der IHK-Prüfungen als auch für die im Projekt durchgeführten Fachwissenstests ein hohes negatives Gewicht aufweist, d.h. dass eine hohe Überforderung mit geringeren Leistungen einhergeht. Interessanterweise erweist sich die Überforderung jedoch nicht für die Erklärung der Leistung in dem computerbasierten Simulationstest als relevant. Auch beim praktischen Teil der IHK-Prüfung ist der Einfluss der Überforderung geringer als bei dem schriftlichen Teil. Eine mögliche Ursache dafür könnte sein, dass das neuartige Testformat und die Art der Durchführung dazu führen, dass die Jugendlichen die Testsituation weniger stark als Leistungssituation wahrnehmen, weshalb ihre negativen Erfahrungen mit den herkömmlichen Testverfahren hier keine Rolle spielen.

Abschließend werden Hinweise für die Gestaltung von Leistungskontexten gegeben.

Seligman, E. P. (1979). Erlernte Hilflosigkeit. München, Wien, Baltimore: Urban und Schwarzenberg.

Weiner, Bernard (1972). Attribution Theory, Achievement Motivation, and the Educational Process. Review of Educational Research, 42(2), 203-215.

Winther, E., & Klotz, K. (2013). Measurement of vocational competences: an analysis of the structure and reliability of current assessment practices in economic domains. Empirical Research in Vocational Education and Training, 5(2).



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