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BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
neu denken
9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Bildung = Berufsbildung?!

Die Gleichsetzung von Bildung und Berufsbildung – versehen mit einem Frage- und einem Rufzeichen – im Titel der 6. Berufsbildungsforschungskonferenz (BBFK) soll durchaus provozieren. Sie soll zu einer kritischen und in die Zukunft gerichteten Diskussion um die Ziele einer beruflichen Bildung anregen. Die BBFK möchte ein möglichst breites, offenes Diskussionsforum bieten und eine tiefere Reflexion abseits eingefahrener wissenschaftlicher und ideologischer Pfade anregen.

Berufsbildung verbindet zwei Leitkategorien, die selbst schwer fassbar und einem dynamischen Wandel unterworfen sind. Sowohl Bildung als auch Beruf sind an einen historischen und kulturellen Raum gekoppelt, der sich dynamisch entwickelt.

In jeder Epoche muss neu bestimmt werden, was der Begriff „Bildung“ als Leitkategorie der Entwicklung der nachwachsenden Generation umfasst und in demokratischen Gesellschaften ist diese Neubestimmung einer breiten gesellschaftlichen Diskussion zu unterziehen. Das gilt für die Berufsbildung genauso wie für die Allgemeinbildung. Das Allgemeine und das Berufliche sind in stetem Wandel in ihren jeweiligen Bezügen zur Bildung, interpretiert als Selbstbildung des Menschen. Es geht um die Frage, wie sich der Mensch in dieser Welt beruflich und nicht-beruflich verorten möchte.

Bildung findet heute unter gesellschaftlichen Bedingungen der Unsicherheit statt. Bildung wird damit zu einer zentralen Ressource, denn sie befähigt zu Offenheit im Umgang mit dem „Anderen“ (Alterität), zur Bewältigung von Ungewissheit und Nicht-Wissen sowie zur Antizipation zukünftiger individueller und gesellschaftlicher Entwicklungen. Bildung kann den in Gesellschaft und Kultur eingebetteten Menschen Orientierung geben.

Die Vorstellung einer Bildung im oder über den Beruf/in beruflichen Bezügen ist geradezu exklusiv im deutschsprachigen Raum verankert. Duale und vollzeitschulische, post-sekundäre und zum Teil auch informelle Formen der Berufsbildung richten sich nicht nur an den Erfordernissen betrieblicher Arbeit (im Sinne eines Trainings für bestimmte Tätigkeiten) aus, sondern verbinden mit der beruflichen Qualifizierung ein breites Bildungsanliegen, so zumindest der ideelle Anspruch.

Gleichzeitig muss festgestellt werden, dass auch das Konstrukt des Berufs facettenreich und wandelbar ist. Sei es als Lebenskosmos oder als Qualifikationsbündel interpretiert, glorifiziert oder existentiell hinterfragt, für den deutschsprachigen Raum ist der Beruf konstituierendes Element von Gesellschaft und Ökonomie. Aber auch dieses Element unterliegt einem Wandel. Ökonomische und gesellschaftliche Entwicklungen, ausgelöst durch den technologischen Wandel (aktuell z.B. Digitalisierung) oder die Globalisierung führen zu stetigen Neujustierungen der Leitkategorie Beruf und wirken sich damit auf Qualifizierung oder De-Qualifizierung im Beruf aus.

Das Verhältnis von Allgemein- und Berufsbildung, die Diskussion um Bildungswerte und -ideale, um die Funktion und Zweckgerichtetheit von Bildung sowie um Befähigung und Emanzipation durch Bildung und Ausbildung haben eine lange Tradition und sind eng verbunden mit der Geschichte der Berufsbildung. Zum Teil wurde diese Geschichte unter dem Titel „Renaissance der Berufsbildung“ bei der letzten BBFK thematisiert.    

2018 wollen wir die Frage in den Mittelpunkt stellen, ob es durch das Allgemeine im Beruflichen und das Berufliche im Allgemeinen möglicherweise zu einer Neuorientierung unserer Bildungswelt kommt? Ob die Frage im Titel nicht vielleicht sogar obsolet geworden ist?

Themen und Begrifflichkeiten, die bei dieser Diskussion mitschwingen, sind die Bildung im Beruf und Höherqualifizierung, eine „höhere Berufsbildung“, die duale Berufsbildung (für alle!?), berufliche Bildung zwischen Universalisierung und Spezialisierung, eine Rückkehr zum holistischen Arbeiten und immer wieder auch das Thema Digitalisierung und vielfältige Begriffskombinationen mit der Ergänzung „4.0“. Das Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation beschäftigt uns ebenso wie die Gestaltung von Übergängen, das schwierige Antizipieren von zukünftigen Anforderungen an die/den Einzelnen und an ganze Systeme und das notwendige „Querdenken“ innerhalb etablierter Disziplinen.

Bei all diesen Fragen, Herausforderungen und Ungewissheiten kommt der Berufsbildung auch eine soziale und gesellschaftliche Verantwortung zu, derer sich Forscherinnen und Forscher stellen sollen und auch wollen. Diese Verantwortung ist Aufgabe und Gestaltungsmöglichkeit zugleich, sie hat Auswirkungen auf das Individuum, auf das Bildungssystem und die Arbeitswelt, und sie muss immer wieder neu thematisiert werden.

Dazu lädt die BBFK Fachleute aus der Berufsbildungsforschung ebenso wie der Berufsforschung, der berufs- und wirtschaftspädagogischen Forschung, Qualifikationsforschung, der Arbeitsmarktforschung und der Erwachsenen- und Weiterbildungsforschung sowie aus allen angrenzenden Disziplinen mit Interesse an diesen Themen ein und bietet Raum und Gelegenheit für Diskussion und Austausch in Steyr und darüber hinaus.  

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