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BBFK 2024

Berufsbildung in Zeiten des Mangels

Handlungserfordernisse
neu denken
9. österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz am 3.-5.07.2024 in Innsbruck

Abstracts 2012

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Abstract

Evaluation von "Lehre mit Matura" in Kärnten. Eine konkrete Maßnahme zur Förderung der Durchlässigkeit in der Berufsbildung

Von:
Arrich, Roland; Pädagogische Hochschule Kärnten Viktor Frankl Hochschule, Österreich

Session: Postersession
Zeit: Unbekannt
Ort: MAW - Großer Saal & MAW - Mittlerer Saal
Typ: Poster



Stand der Forschung/Entwicklungsbedarf
Viele Studien und Forschungsberichte belegen die mangelnde Durchlässigkeit des österreichischen Bildungssystems (vgl. z.B. Archan u. Schlögl 2007, Aff 2011). Auch der hohe Grad an Selektivität und deren Ursachen ist für Österreich typisch (vgl. z.B. Bacher 2008, Kast 2006, Bock-Schappelwein u. Falk 2007).
Mit der Implementierung von Lehre mit Matura (LmM) in Österreich wurde der Versuch unternommen, diese oben angeführten Barrieren im berufsbildenden Bildungsbereich zu durchbrechen. Im Rahmen einer umfangreichen und längsschnittlich angelegten Evaluation sollte überprüft werden, ob diese Durchlässigkeit gegeben ist.
Die zugrunde liegenden Fragen für die Fragebogenerhebungen bzw. die Interviews waren:
• Aus welchen Schulen und Betrieben kommen die Lehrlinge, die LmM besuchen?
• Welche Gründe für die Teilnahme an LmM sind für die Lehrlinge und die Lehrbetriebe ausschlaggebend?
• Welche Rolle spielen Familie und Lehrbetrieb beim erfolgreichen Besuch von LmM?
• Mit welchen Schwierigkeiten (Unterrichtsgegenstände) sind die LmM-Lehrlinge konfrontiert und was wünschen sie sich an zusätzlichen Unterstützungsmaßnahmen?
• Welche Gründe gibt es für den Abbruch von LmM?

Forschungsmethode/Projektansatz
Schuljahr 2007/08: Befragung der Kohorte 1 (n= 204) und der Lehrbetriebe der Kohorte 1 (n = 89)
Schuljahr 2008/09: Befragung der Kohorte 1 (anonym, n = 119)
Schuljahr 2009/10: Befragung der Kohorte 2 (Kontrollgruppe, n = 164)
Schuljahr 2010/11: Befragung der Kohorte 1 (n=126) sowie Interviews mit Abbrecher/innen (n = 5)
Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Befragung der Lehrlinge 2007/08 (Entscheidungsgründe für LmM, Haltung der Eltern, Unterstützung durch den Lehrbetrieb)
• Mehr als zwei Drittel der Teilnehmer/innen an LmM war im Schuljahr vor dem Schulwechsel positiv beurteilt.
• Hauptzubringerschulen sind die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen.
• Die Rolle des Lehrbetriebes (Unterstützung, Motivation) ist für das Projekt LmM von zentraler Bedeutung.
• Die Rolle der Eltern wird ähnlich bewertet wie die Rolle des Lehrbetriebs.
• Die Hauptgründe für den Besuch von LmM sind bessere Aufstiegschancen, Arbeitsplatzsicherheit, mehr Chancen am Arbeitsmarkt und die Möglichkeit, mehr zu verdienen. Die mit dem Abschluss verbundene Studienberechtigung wird nicht so hoch eingeschätzt.
• Mehr als die Hälfte der Lehrlinge kommt aus Großbetrieben.
Befragung der Lehrbetriebe 2007/08 (Qualitätssteigerung für den Betrieb, Support der Teilnahme von Lehrlingen)
• Eine grundsätzlich höhere Qualifikation der Lehrlinge, mehr Motivation durch einen höheren Bildungsgrad und die Fähigkeit, Zusammenhänge besser zu verstehen, sind Hauptmotive für die Betriebe, den Lehrlingen die Teilnahme am Projekt LmM zu ermöglichen.
• Zwei Drittel der Lehrbetriebe geben an, dass sich für Absolvent/innen und von LmM Aufstiegschancen im eigenen Betrieb eröffnen.
• 80 % der Lehrbetriebe erwarten sich vom Projekt LmM zukünftig geeignetere Lehrstellenbewerber/innen.
Befragung der Lehrlinge 2008/09 (Schwierigkeiten in den Fächern)
• Die Schwierigkeitsgrade der Unterrichtsgegenstände zeigen deutliche Ähnlichkeit zu den Nicht Genügend-Statistiken des Landesschulrats für Kärnten für den Bereich der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (Englisch, Deutsch, Mathematik).
• Zusätzliche Unterstützungen sollten angedacht werden. Nach unserer Einschätzung sollten sich flankierende Maßnahmen an den artikulierten Bedürfnissen der LmM-Lehrlinge orientieren (z. B. Förderstunden, Blockunterricht, höhere Gesamtstundenzahl).
Befragung der Kontrollgruppe 2009/10
Insgesamt deckten sich die Ergebnisse der Auswertungen der Kontrollgruppe mit jenen der Versuchsgruppe (2007/08) in sehr vielen Aspekten, d.h. die Ergebnisse der Berechnungen der Kohorte 1 (2007/08) wird durch die Kohorte 2 (2008/09) bestätigt.
Interviews mit Abbrecher/innen 2010/11
Abbruchgründe:
• Individuelle Schüler/innenmerkmale (zu geringe Begeisterung, Leistungen entsprechen nicht der eigenen Vorstellung)
• Tw. zu hohes Lernniveau
• Kombination Schule/Beruf
Trotz Abbruch von LmM verbleiben die Lehrlinge im dualen System. Alle befragten Abbrecher/innen wollen die Berufsreifeprüfung später noch einmal in Angriff nehmen.
Referenzen
Archan, S. u. Schlögl P. (2007): Von der Lehre zur postsekundären Bildung. Wien: Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) und Österreichisches Institut für Berufsbildungsforschung (öibf).
Aff, J. (2011): Wie durchlässig ist die österreichische Berufsbildung der Sekundarstufe II? In: Wissenplus 3-10/11, S.20.
Bacher, J. (2008): Bildungsungleichheiten in Österreich – Basisdaten und Erklärungsansätze. In: Erziehung und Unterricht, 158. Jg., H. 7 - 8, S. 529 -542.
Bock-Schappelwein, J. u. Falk, M. (2007): Herausforderungen für die berufliche Bildung der Zukunft. In: Berufs- und Wirtschaftspädagogik - online, bwp@, Spezial 3, Oktober (www.bwpat.de) download 12.08.2008.
Kast, F. (2006): „Denn wer hat, dem wird (dazu) gegeben, und er wird im Überfluss haben …“ – bildungsschicht- und regionsspezifische Besuchsquoten des Gymnasiums (Sekundäranalyse der Volkszählungsdaten). In: Erziehung und Unterricht, 156. Jg., H. 3 - 4, S. 236 - 263.
Dobrovnik, F. u.a. (2009): Lehre mit Matura. Eine Befragung von Lehrlingen und Lehrbetrieben. Bericht 2007/08. Klagenfurt: Pädagogische Hochschule Kärnten. [http://www.ph-kaernten.ac.at/fileadmin/_forschung]
Dobrovnik, F. u.a. (2011): Lehre mit Matura. Befragung von Lehrlingen. Bericht 2009/2010. Klagenfurt: Pädagogische Hochschule Kärnten. [http://www.phkaernten.ac.at/fileadmin/_forschung]

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