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Abstracts 2014

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Paper

Soziale Kompetenzen von Medizinischen Fachangestellten: Ein berufsspezifisches Kompetenzmodell

Von:
Srbeny, Christian; Bundesinstitut für Berufsbildung, Deutschland
Monnier, Moana; Bundesinstitut für Berufsbildung, Deutschland
Tschöpe, Tanja; Bundesinstitut für Berufsbildung, Deutschland
Dietzen, Agnes; Bundesinstitut für Berufsbildung, Deutschland

Paper Session: 1
Zeit: Donnerstag, 03.07.2014, 14:15 - 16:15
Ort: MAW Seminarraum
Typ: Paper
Downloads:Präsentation als PDF



Im vorliegenden Beitrag werden Ergebnisse des Projekts CoSMed vorgestellt, welches sich mit der Erforschung berufsbezogener sozialer Kompetenzen von Medizinischen Fachangestellten (MFA) beschäftigt. Dazu werden umfangreiche empirische Analysen, wissenschaftliche Theorien und normative Ansätze herangezogen, um ein berufsspezifisches Kompetenzmodell zu erstellen und dieses im späteren Verlauf durch ein computergestütztes Testverfahren empirisch zu prüfen.

Der in Deutschland über eine dreijährige duale Ausbildung geregelte Beruf der MFA wird als personenzentrierte Dienstleistung im Gesundheitsbereich eingeordnet. Ihn kennzeichnet neben medizinischen und organisatorischen Kompetenzen die hohe Bedeutung sozial-kommunikativer Kompetenzen. Jedoch ist gerade die Sichtbarkeit und Vermittlung dieses Kompetenzbereiches in der Ausbildung und in Prüfungen auch nach der Neuordnung des Berufs (bis 2006: Arzthelferin) eher randständig (Dietzen, Monnier & Tschöpe, 2012).

Auf wissenschaftlicher Seite besteht Unklarheit über den Begriff der Sozialkompetenz (Kanning, 2005). In der Literatur finden sich ganze Kompetenzkataloge, aus denen sich beliebige Listen aus Begriffen wie Empathie, Teamfähigkeit, Taktgefühl oder Konfliktfähigkeit zusammenstellen lassen. Eine einheitliche Definition existiert nicht. Darüber hinaus ist das Verständnis von Sozi¬alkompetenz eher allgemeiner Natur (Kanning, 2003), der spezielle Bezug vorhandener Modelle auf bestimmte Be¬rufsgruppen ist ein neues Forschungsfeld, in dem es bisher nur wenige Vorarbeiten gibt (u.a. zu Bankkaufleuten, vgl. Tschöpe, 2012).

Der berufsspezifische Forschungsansatz im Projekt CoSMed beinhaltet eine präzisierte Neumodellierung und Definition des theoretischen Konstrukts der sozial-kommunikativen Kompetenzen der MFA. Dafür wurde in einem ersten Schritt eine umfangreiche Domänenanalyse durchgeführt, welche alle berufsspezifischen Anforderungen ausleuchtet. Diese erfolgte unter starkem Einbezug verschiedenster Praxispartner aus unterschiedlichen medizinischen Fachrichtungen und Hierarchieebenen. Hauptsächlich wurde mit qualitativen Methoden wie Workshops und Interviews, aber auch mit Analysen von Stellenanzeigen, Lehrplänen oder Prüfungsaufgaben gearbeitet.

Auf diesem Domänenmodell aufbauend wurden für jeden Bereich des Anforderungsprofils „critical incidents“, also spezifische Situationen identifiziert, die einen hohen Anspruch an die soziale Kompetenz der MFA stellen. Mit Bottom-Up- und Top-Down-Methoden (Krumm, Mertin & Dries, 2012) konnten günstige und ungünstige Handlungsalternativen ausgearbeitet und so ein empirisch wie auch theoretisch hergeleitetes Kompetenzmodell für die sozialen Kompetenzen der MFA entwickelt werden.

Zur Operationalisierung der einzelnen Dimensionen wurden (vorwiegend) psychologische Theorien verwendet und in das Kompetenzmodell integriert. Dadurch konnten den Kompetenzen jeweils spezifische Niveauausprägungen zugeteilt werden, um sie messbar zu machen. Diese Niveaustufen orientieren sich zum einen an den theoretischen Stufen der jeweiligen Theorien, zum anderen aber auch an normativen Bestimmungen, die für den jeweiligen Beruf gelten und mit den Praxispartnern erarbeitet wurden. Das Modell orientiert sich dabei unter anderem an Ansätzen von Gross (2001), Selman (2003) oder Schulz von Thun (2004).

Die Herleitung des Kompetenzmodells als Ergebnis des bisherigen Forschungsprozesses stellt ein wichtiges und neues Forschungsergebnis dar, das einige praktische Anwendungsmöglichkeiten in Aussicht stellt sowie Empfehlungen für die Ausbildungsgestaltung liefern kann. Die Präsentation erster Ergebnisse der empirischen Überprüfung dieses Modells schließt den Beitrag ab.

Dietzen, A., Monnier, M. & Tschöpe, T. (2012). Soziale Kompetenzen von medizinischen Fachangestellten messen - Entwicklung eines Verfahrens im Projekt CoSMed. BWP 6/2012, S.24-28.

Gross, J.J. (2001). Emotion regulation in adulthood: Timing is everything. Current Directions in Psychological Science, 10, 214-219.

Kanning, U. P. (2003). Diagnostik sozialer Kompetenzen. Göttingen: Hogrefe.

Kanning, U. P. (2005). Soziale Kompetenzen. Entstehung, Diagnose und Förderung. Göttingen: Hogrefe.

Krumm, S., Mertin, I. & Dries, C. (2012). Kompetenzmodelle. Göttingen: Hogrefe.

Schulz von Thun, F. (2004). Klarkommen mit sich selbst und anderen: Kommunikation und soziale Kompetenz - Reden, Aufsätze, Dialoge. Reinbek: Rowohlt.

Selman, R.L. (2003). The promotion of social awareness: powerful lessons from the partnership of developmental theory und classroom practice. New York: Russel Sage Foundation.

Tschöpe, T. (2012). Zwischenstand des Promotionsprojekts „Modellierung und Entwicklung eines Diagnoseinstruments für die Beratungskompetenz im Ausbildungsberuf Bankkaufmann/-frau“. Dokumentation für das 5. Fachtreffen im Rahmenprogramm zur Förderung der empirischen Bildungsforschung des BMBF. Bonn: Unveröffentlichtes Manuskript.



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